Nordlichter
Kopf
Mein Traum von der Toskana
Wenn ich an Italien denke, dann denke ich erst einmal an die Toskana, die sanften olivenbaumbepflanzten Hügel, die Zypressen an den Wegen, die Weinstöcke in den Tälern, die weißen Sandstrände der Versalia, das klare, blaue Meer und die Marmorsteinbrüche bei Carrara. Ich sehe die Städte Florenz, Pisa, Siena, Lucca, San Gimignano und natürlich den kleinen Urlaubsort Marina di Pietrasanta. Ich habe den Geschmack der Fenchelsalami auf der Zunge und den Geruch des Vino Santo in der Nase, aber sonst gehört die toskanische Küche eher nicht zu diesem Traum.

Die Toskana unweit von Siena

Oft brabbeln irgendwelche ahnungslose Deppen vom Einklang mit der Natur, wenn sie die Toskana meinen. Diese Modephrase trifft aber überhaupt nicht zu. Die Toskana ist uraltes Kulturland, von Menschenhand geschaffen. Schon die Etrusker haben dort die Sümpfe trockengelegt und das Land bewirtschaftet lange vor den Römern. Die Toskana war durch die Sümpfe malariaverseucht.

Meinen ersten Aufenthalt in der Toskana hatte ich 1998. Was einem Besucher aus mehr nördlicheren Gefilden dort sofort ins Auge sticht, ist das Licht. Ich hatte den Eindruck, als hätte ich mein Leben bis dahin im Halbdunkel einer Höhle verbracht. Es war unglaublich für mich, wieviel Helligkeit es da gab. Dann erst die Farben, die waren so unwahrscheinlich kräftig, ohne in meinen Augen zu schmerzen, die vielen Grüntöne und dann die verschiedenen Brauntöne in den abgeernteten Feldern um Siena, unfassbar. Gut zu verstehen, dass es Generationen von deutschen Malern immer wieder hierhin zog.

Vierzehn Tage nachdem ich von meiner Toskanareise zurückkehrte, starb meine Mutter an einem Schlaganfall. Wir hatten uns noch in der Nacht meiner Ankunft zusammengesetzt, Vino Santo getrunken und ich hatte ihr voller Begeisterung von der Toskana berichtet. Als ich sie das nächste mal sah, lag sie im Koma, aus dem sie nie wieder erwachte.

Ich war mächtig deprimiert und hatte mir zusätzlich durch die Klimaanlage während der Reise eine saftige Erkältung eingefangen. Die bis dahin schneeweißen Wände meines Wohnzimmers konnte ich einfach nicht mehr ertragen. In der Toskana haben die meisten Häuser außen entweder einen rötlichen oder einen ockerfarbenen Anstrich. Ich entschied mich für die letztere Farbe. Seitdem strahlen die Wände in meiner Stube in freundlichem Toskanagelb, besonders angenehm, wenn es draußen so gräulich trüb ist wie im Moment.