Nordlichter
Kopf
Florenz und der schönste Hintern
Bei meinem ersten Aufenthalt in Florenz war unser Reiseführer ein Pole. Er hielt einen hochwissenschaftlichen Vortrag über die Entdeckung der Perspektive, und warum es gerade in Florenz passieren musste. Diesmal führte uns eine Frau durch die Stadt. Für die Geheimnisse der Zentralperspektive zeigte sie kein übersteigertes Interesse.

Benvenuto Cellinis Perseus, FlorenzViel mehr Beachtung schenkte sie der männlichen Anatomie, für Frauen auch weitaus unterhaltender. In jeder Ecke von Florenz stehen genug Plastiken für Studienzwecke herum. Es ist ja bekannt, dass Frauen sich an einem knackigen männlichen Hinterteil besonders erfreuen. Die Preisfrage unserer Reiseleiterin lautete, welcher Künstler hat die beste Rückansicht eines Mannes geschaffen. Nun, Michelangelo war es wider Erwarten nicht. Der Preis gebührt statt seiner Benvenuto Cellini mit Perseus. Der Perseus ist auch sonst ganz ansehnlich.

Nur heutigen Schönheitsidealen aus der Werbung würde er nicht mehr entsprechen. Da heißt es ja immer, big ist beautiful, oder je größer desto besser. Mit schätzungsweise nur 1,70 m Körpergröße fiel Perseus durchs Raster des Werbefokuses. Ein Zwergenbiotop für Männer gibt es aber doch noch in heutiger Zeit, falls sich Perseus entschließen könnte, die Riege der Hollywoodschauspieler zu stärken. Schöner als Tom Cruise ist er allemal, und mehr Gesichtsmimik als eine Statue hat der auch nicht drauf.

Nach der Wahl des prächtigsten Gesäßes der Renaissance wurden wir mitten auf der Piazza della Signoria entlassen, um Florenz auf eigener Faust zu erkunden. Mein Magen meldete sich eindringlich. So beschloss ich, erst einmal etwas zu mir zu nehmen, wegen der über Florenz liegenden tropischen Schwüle allerdings nur eine Kleinigkeit. Da das angesagteste Café auf der Piazza, das Rivoire, gerade keinen freien Sitz bot, nahm ich nebenan Platz. Dieses Restaurant war nach dem Gewinner der Powahl benannt. Von meinem Tisch konnte ich zu ihm herübergucken. Perseus drohte mit dem abgeschlagenen Haupt der Medusa. Trotzdem gönnte ich mir einen Eisbecher und einen Espresso.

Der Arno in Florenz

Italienische Straßencafés sind eine geniale Erfindung. Man sitzt wie im Zuschauerraum eines Theaters und an einem vorbei zieht der Strom der Darsteller. Diesmal schienen es aber deutlich mehr zu sein als bei meinem letzten Besuch in Florenz vor 6 Jahren. Der Schein trog nicht. Unsere Reiseleiterin erzählte, dass an diesem Wochentag in Genua Kreuzfahrtschiffe anlegten. Die Passagiere würden dann in Bussen nach Florenz gekarrt, um die Zahl der Touristen eindrucksvoll zu vergrößern. Gewöhnlich quälen die sich von der Piazza dei Pitti, der Ponte Vecchio, den Uffizien und dem Palazzo Vecchio bis zum Dom aneinander vorbei. Vor Menschenmassen kann man kaum etwas sehen. Wer Florenz einigermaßen in Ruhe genießen will, sollte im November fahren.