Nordlichter
Kopf
Donnerstag, 4. November 2004
Jersey die Blumeninsel?
Also Leute, um gleich auf den Punkt zu kommen, Jersey war die Enttäuschung meines Urlaubs 2003. Der Grund war aber nicht der einzige regnerische Tag. Nein, ein bisschen Wasser macht mir nichts aus. Während meines ersten Besuchs in Stonehenge war ich völlig durchnässt. Das ist im Sommer kein großes Unglück.

Die Reise begann für mich erfreulich. Ich erinnere mich mit Schrecken an die Überfahrt nach Capri. Dieses Mal hatte ich neue Medizin gegen Seekrankheit. Mein Platz war in der Mitte des Katamarans. Die Klimaanlage arbeitete gut, und ich fühlte mich ein wenig euphorisch.

Jersey empfing meine Gruppe und mich mit Regen und Nebel. Für Großbritannien sind das ja keine Neuigkeiten.

Nach unserer Ankunft nahmen wir einen Bus. Der Name des Busfahrers war Charles und unsere Reiseleiterin hieß Erika. Charles kam direkt von Jersey, Erika dagegen war eine Deutsche, die mit ihrem englischen Ehemann schon dreißig Jahre auf der Insel lebte. Beide, Charles und Erika, erschienen mir wie Miss Sophie und ihr Diener, und die Prozedur fand nicht jedes Jahr statt. Das war dieselbe Prozedur wie jeden Tag.

Wir wurden einmal um die Insel gekarrt. Ich hatte nur zwei Möglichkeiten den Bus zu verlassen. Erika zeigte uns einen Landungssteg. Ich nahm die Chance wahr und fotografierte den Nebel und einige Farne. Die erinnerten mich an Dartmoor. Der Bus fuhr weiter.

Wir sollten unsere Fotos aus dem Bus heraus schießen. Ich hasse das. Ich mache das nur im äußersten Notfall und nicht als Regel. Die Busfenster spiegeln und alles, was ich bekomme, sind Bilder von mir selbst. Ich fahre nicht nach Jersey um mich reflektiert im Busfenster zu fotografieren. Aber ich hatte nicht einmal dazu Gelegenheit. Bevor ich meine Kamera eingestellt hatte, fuhr der Bus jedes Mal weiter. Das Ganze war ein übler Fall von Massenabfertigung, und so langsam begann es mir Jersey zu vermiesen.

In Wirklichkeit gab es nämlich genug interessante Sachen zu entdecken zum Beispiel historische Gebäude oder die Bunker aus dem zweiten Weltkrieg oder die Surfer unten am Strand. Keine Chance genauer hinzublicken, der Bus fuhr weiter.

Erika versuchte uns bei guter Laune zu halten, aber ihre Witze prallten an mir ab. Jedes Mal, wenn wir an einer großen Villa vorbeifuhren, wo einer von Jerseys Millionäre wohnte, sprach sie von armen Sozialhilfeempfängern. Kein Grund neidisch zu sein. Erika hatte uns erzählt, dass die Superreichen 20 % Steuern bezahlen, und dass deshalb die anderen Einwohner auch nur 20 % Steuern entrichten müssen. Das unterscheidet sich doch ein wenig sehr deutlich von Deutschland.

Jersey, irgendwo

Der Bus hielt an einer Bucht. Warum wir unseren Aufenthalt hierhin verlegten, war allein Erikas Geheimnis. Hier gab es einen Selbstbedienungsladen. Wegen der Seereise hatte ich sowohl im Hotel als auch auf dem Katamaran aufs Frühstück verzichtet. Jetzt stocherte ich in meinem Eintopf herum. Der Laden hatte als besondere Spezialität Teekannen im Angebot. Ich fragte mich, wer all diese Scheußlichkeiten kaufen würde Schwiegersöhne für ihre geliebten Schwiegermütter oder Schwiegermütter für ihre teuren Schwiegertöchter?

Es blieb genug Zeit ein Bild zu schießen. Der Bus hatte eine Panne, und Charles musste den Werkstattwagen rufen. Der kam bald, aber es gab nichts zu reparieren, die Batterie war runter. Ein neuer Bus musste her.

Ich verbrachte die Wartezeit in einem kleinen Museum und sah mir Kutschen an. Ich fand auch einige Broschüren über die Invasion deutscher Truppen während des zweiten Weltkrieges. Die britische Flagge war zusammen mit einem Hakenkreuz dargestellt. In Deutschland kann die Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Institutionen vor Gericht enden. Deutsche Staatsanwälte verstehen in diesem Fall keinen Spaß!

Als der Bus endlich kam, brachten sie uns nach Saint Helier. Jersey wird als Blumeninsel bezeichnet. Ich sah welche vor den Häusern der Einwohner, aber ich habe viel mehr in Cornwall und Devon gesehen. Wo sind die Blumen geblieben?

Nach der Busfahrt fühlte ich mich, als hätte ich Jersey im Fernsehen und nicht in Wirklichkeit gesehen. Was sagt uns das? Leute, wenn Ihr jemals nach Jersey kommen solltet, dann nehmt Euch einen Leihwagen und lasst den Bus stehen!

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