Samstag, 15. Januar 2005
Frühling in Berlin
Samstag, 15. Januar 2005, Kategorie: 'unterwegs'
Anfang März 2003 wollte der Winter nicht weichen. Die Tiefsttemperatur war immer noch -4°C. Wo war der Frühling? Was hielt ihn auf?
Ich grub die Fotos vom Jahr davor aus. Der 27. März 2002 war ein schöner und sonniger Tag in Berlin. Es war die erste Fotosafari mit meiner neuen Digikam.
Mein Neffe wollte lieber sein Computerspiel spielen aber hatte nicht den Hauch einer Chance. Ich wollte im Botanischen Garten Marzahn spazieren gehen. Mein Bruder entschied frische Luft wäre genau das Richtige für einen dreizehnjährigen Jungen. Darum musste mein Neffe mit, ob er wollte oder nicht.
Dieser botanische Garten befindet sich ganz in der Nähe der Stadtteile Marzahn und Hellersdorf. Man kann die Hochhäuser von dort aus sehen. Der interessanteste Teil ist der Chinesische "Garten des wiedergewonnenen Mondes". Das neuste Projekt war 2002 der Japanische Garten. Das Gelände war schon abgesteckt. Ich wollte 2003 im April nachsehen, ob sie damit fertig waren und natürlich wieder meinen Neffen mitschleppen, der allergisch gegen Frischluft ist. Armer Junge!
Der Japanische "Garten des zusammenfließenden Wassers" wurde aber erst im Mai 2003 eröffnet. In dem Jahr schaffte ich keine neue Besichtigung. Erst zu Ostern 2004 konnte ich mir den Japanischen Garten endlich ansehen und wurde schwer enttäuscht. Ich mag den Chinesischen Garten sehr aber den Japanischen überhaupt nicht. Ihr sollt auch wissen warum.
Die Gärten, die ich am meisten liebe, sind wie englische Landschaftsparks gestaltet. Wenn Ihr solche Gärten betretet, nehmt Ihr die ordnende Hand des Gärtners nicht wahr. Ihr kommt Euch vor wie in der freien Natur. Alles scheint ungekünstelt gewachsen. Auch der Chinesische Garten vermittelt diesen Eindruck. Am Ententeich mit dem Teehaus habe ich ein Gefühl der Harmonie. Es ist schön dort.
Dieses Gefühl stellt sich bei mir im Japanischen Garten nicht ein. Für mich sieht es aus, als hätte den ein preußischer Staatsbeamter aus dem 19. Jahrhundert angelegt. Alles ist streng reglementiert. Sogar die Kieselsteine scheinen nach Dienstvorschrift ausgelegt zu sein. Ich habe dort Empfindungen von Enge und Zwang und keineswegs von Harmonie oder gar Freiheit. Kein Zweiglein kann einfach so wachsen. Mich erinnert das unwillkürlich an die kleinbürgerliche Intoleranz vergangener Jahrhunderte und die preußische Armee. Im Japanischen Garten fühle ich mich eingeschränkt und auch in meinem Denken unterdrückt. Grund genug für mich diese Stätte panikartig zu verlassen und in den übrigen Park zu flüchten.
Es gibt noch einen dritten Ländergarten den Balinesischen "Garten der drei Harmonien". Der befindet sich in einem Gewächshaus neben dem Haupteingang. Wenn Ihr dort hineingehen wollt und eine Brille auf der Nase habt, empfiehlt es sich, sie vorher abzusetzen. Sonst steht Ihr erst einmal im Nebel, wie der Mann, der vor mir ging. Seine Brille war total beschlagen. Im Balinesischen Garten befindet Ihr Euch in einem tropischen Regenwald mit entsprechender Luftfeuchtigkeit. Besonders interessant fand ich ein kleines balinesisches Wohnhaus in rötlich braunen Lehmziegeln inmitten des Minitropenwaldes.
Mein Neffe, übrigens, entging dem neuerlichen Spaziergang in Marzahns Park. Zu seiner großen Erleichterung regnete es an dem dafür vorgesehenen Tag. Am nächsten brachte mein Bruder seinen Sohn zurück zu dessen Mutter nach Mecklenburg, und ich ging allein.
Als ich das erste Mal in diesem Park war, nannte er sich noch Botanischer Garten Marzahn. Aber inzwischen heißt er Erholungspark Marzahn. Deshalb musste ich auch diese Seite umbenennen.
Ich grub die Fotos vom Jahr davor aus. Der 27. März 2002 war ein schöner und sonniger Tag in Berlin. Es war die erste Fotosafari mit meiner neuen Digikam.
Mein Neffe wollte lieber sein Computerspiel spielen aber hatte nicht den Hauch einer Chance. Ich wollte im Botanischen Garten Marzahn spazieren gehen. Mein Bruder entschied frische Luft wäre genau das Richtige für einen dreizehnjährigen Jungen. Darum musste mein Neffe mit, ob er wollte oder nicht.
Dieser botanische Garten befindet sich ganz in der Nähe der Stadtteile Marzahn und Hellersdorf. Man kann die Hochhäuser von dort aus sehen. Der interessanteste Teil ist der Chinesische "Garten des wiedergewonnenen Mondes". Das neuste Projekt war 2002 der Japanische Garten. Das Gelände war schon abgesteckt. Ich wollte 2003 im April nachsehen, ob sie damit fertig waren und natürlich wieder meinen Neffen mitschleppen, der allergisch gegen Frischluft ist. Armer Junge!
Der Japanische "Garten des zusammenfließenden Wassers" wurde aber erst im Mai 2003 eröffnet. In dem Jahr schaffte ich keine neue Besichtigung. Erst zu Ostern 2004 konnte ich mir den Japanischen Garten endlich ansehen und wurde schwer enttäuscht. Ich mag den Chinesischen Garten sehr aber den Japanischen überhaupt nicht. Ihr sollt auch wissen warum.
Die Gärten, die ich am meisten liebe, sind wie englische Landschaftsparks gestaltet. Wenn Ihr solche Gärten betretet, nehmt Ihr die ordnende Hand des Gärtners nicht wahr. Ihr kommt Euch vor wie in der freien Natur. Alles scheint ungekünstelt gewachsen. Auch der Chinesische Garten vermittelt diesen Eindruck. Am Ententeich mit dem Teehaus habe ich ein Gefühl der Harmonie. Es ist schön dort.
Dieses Gefühl stellt sich bei mir im Japanischen Garten nicht ein. Für mich sieht es aus, als hätte den ein preußischer Staatsbeamter aus dem 19. Jahrhundert angelegt. Alles ist streng reglementiert. Sogar die Kieselsteine scheinen nach Dienstvorschrift ausgelegt zu sein. Ich habe dort Empfindungen von Enge und Zwang und keineswegs von Harmonie oder gar Freiheit. Kein Zweiglein kann einfach so wachsen. Mich erinnert das unwillkürlich an die kleinbürgerliche Intoleranz vergangener Jahrhunderte und die preußische Armee. Im Japanischen Garten fühle ich mich eingeschränkt und auch in meinem Denken unterdrückt. Grund genug für mich diese Stätte panikartig zu verlassen und in den übrigen Park zu flüchten.
Es gibt noch einen dritten Ländergarten den Balinesischen "Garten der drei Harmonien". Der befindet sich in einem Gewächshaus neben dem Haupteingang. Wenn Ihr dort hineingehen wollt und eine Brille auf der Nase habt, empfiehlt es sich, sie vorher abzusetzen. Sonst steht Ihr erst einmal im Nebel, wie der Mann, der vor mir ging. Seine Brille war total beschlagen. Im Balinesischen Garten befindet Ihr Euch in einem tropischen Regenwald mit entsprechender Luftfeuchtigkeit. Besonders interessant fand ich ein kleines balinesisches Wohnhaus in rötlich braunen Lehmziegeln inmitten des Minitropenwaldes.
Mein Neffe, übrigens, entging dem neuerlichen Spaziergang in Marzahns Park. Zu seiner großen Erleichterung regnete es an dem dafür vorgesehenen Tag. Am nächsten brachte mein Bruder seinen Sohn zurück zu dessen Mutter nach Mecklenburg, und ich ging allein.
Als ich das erste Mal in diesem Park war, nannte er sich noch Botanischer Garten Marzahn. Aber inzwischen heißt er Erholungspark Marzahn. Deshalb musste ich auch diese Seite umbenennen.
Sonntag, 9. Januar 2005
Lucca – eine toskanische Kostbarkeit
Sonntag, 9. Januar 2005, Kategorie: 'unterwegs'
Das stille Lucca ist mein heimlicher Favorit unter den Städten der Toskana. Lucca scheint im Schatten von Florenz, Pisa und Siena zu stehen. Hier findet man viel weniger Touristen. Im Gegensatz zu dem geschäftigen Treiben in Florenz, Pisa und Siena geht es in Lucca eher beschaulich zu.
Der Grund hierfür ist die Stadtmauer mit ihren Grünanlagen, die Lucca noch immer umgeben. Hier begann unsere Reiseleiterin den Rundgang. Wir erfuhren, dass Maria-Luigia von Bourbon diese Mauer im 19. Jahrhundert mit Bäumen bepflanzen ließ. Die Stadtmauer umgibt die Altstadt mit ihren teils engen Gassen wie ein Ring. In Zeiten, wo Stadtväter Mauern schleifen ließen, um Autos Platz zu schaffen, entschied man sich in Lucca anders. Fußgänger zuerst! Der große Autoverkehr fließt draußen außerhalb der Stadtmauern. Das macht Lucca unverwechselbar und seinen besonderen Charme aus.
Den Besucher verführt es zum Flanieren und zur Einkehr in die vielen schönen Geschäfte der Altstadt. Zu meinem Verdruss, aber zum Glück für mein Portemonnaie, war gerade Mittagszeit. Somit hatten die meisten Geschäfte, wie in Italien üblich, geschlossen. Mir blieb leider nichts weiter übrig, als meine Nase an den Fenstern der Boutiquen plattzudrücken. Och, wie gemein! Immerhin in der Pasticceria „Chifenti“ in der Via S. Paolino erstand ich eine Packung Cantucci, ein Mandelgebäck.
Aber wenigstens die Eisdiele „Veneta“ hatte geöffnet. Unsere Reiseleiterin hatte behauptet, es gäbe hier nicht nur das beste Eis in ganz Lucca sondern das beste in der Toskana. Nach eingehendem Probieren kann ich das nur bestätigen. Einige aus meiner Reisegruppe konnten mit dem Verkosten gar nicht wieder aufhören.
In Italien ist Einkaufen immer ein Vergnügen, ganz im Gegensatz zu Deutschland. Egal ob zwei oder zwanzig Leute im Laden stehen die Italiener sind immer gleich freundlich und nicht gestresst. Wenn Ihr einen Laden betretet, stürzt sich keine Verkäuferin auf Euch wie ein Habicht auf ein Huhn und verhört Euch, was Ihr denn zu kaufen gedenkt. Sie ist auch nicht spurlos verschwunden, wenn Ihr Hilfe braucht. In italienischen Läden habe ich weder das Gefühl überwacht noch ignoriert zu werden. Die Italiener haben es einfach drauf. Ich gebe zu, in Italien würde ich glatt zum Einkaufsfan werden. Aber zu meinem Glück lebe ich ja in Deutschland. Da kann mir so was nicht passieren.
In Lucca könnt Ihr aber nicht nur hervorragend schoppen und eisessen, auch dem an mittelalterlicher Geschichte Interessiertem wird einiges geboten. Pisa kann mit einem Platz der Wunder protzen, Lucca hat ein einzelnes Wunder, eine Reliquie. Das Holzkreuz Volvo Santo stammt aus dem 11., 12. oder 13. Jahrhundert, verschiedene Reisebeschreibungen sind sich da nicht einig. Einigen können sie sich nur darauf, dass es einzigartig ist. In einem eigenen Tempel im Dom San Martino kann man es besichtigen. Das Besondere daran, es ist aus dunklem Holz geschnitzt. Dargestellt ist ein mit einer Tunika bekleideter gekreuzigter Christus mit Mandelaugen. Der Legende nach wurde das Holzkreuz in Luni angespült. Außer der Stadt Lucca beanspruchten es noch andere. Man einigte sich, es auf einen führerlosen Ochsenkarren zu legen. Wohin die Ochsen gingen dem sollte es gehören. Schöne Legende, die Ochsen waren sicher Lucceser.
Genauso beeindruckend wie der Dom ist auch die Fassade der Kirche San Michele in Foro mit den vielen verschiedenen Säulen. Von oben schaut ein geflügelter Erzengel Michael grimmig auf die Besucher. Interessant ist neben dem eindrucksvollen Mosaik an der Fassade der Kirche San Frediano auch der merkwürdige Marktplatz Piazza del Mercato. Hier stand einmal das römische Amphitheater. Jetzt sitzen hier Touristen und Einheimische und lassen es sich bei einem Cappuccino gut gehen.
Der Grund hierfür ist die Stadtmauer mit ihren Grünanlagen, die Lucca noch immer umgeben. Hier begann unsere Reiseleiterin den Rundgang. Wir erfuhren, dass Maria-Luigia von Bourbon diese Mauer im 19. Jahrhundert mit Bäumen bepflanzen ließ. Die Stadtmauer umgibt die Altstadt mit ihren teils engen Gassen wie ein Ring. In Zeiten, wo Stadtväter Mauern schleifen ließen, um Autos Platz zu schaffen, entschied man sich in Lucca anders. Fußgänger zuerst! Der große Autoverkehr fließt draußen außerhalb der Stadtmauern. Das macht Lucca unverwechselbar und seinen besonderen Charme aus.
Den Besucher verführt es zum Flanieren und zur Einkehr in die vielen schönen Geschäfte der Altstadt. Zu meinem Verdruss, aber zum Glück für mein Portemonnaie, war gerade Mittagszeit. Somit hatten die meisten Geschäfte, wie in Italien üblich, geschlossen. Mir blieb leider nichts weiter übrig, als meine Nase an den Fenstern der Boutiquen plattzudrücken. Och, wie gemein! Immerhin in der Pasticceria „Chifenti“ in der Via S. Paolino erstand ich eine Packung Cantucci, ein Mandelgebäck.
Aber wenigstens die Eisdiele „Veneta“ hatte geöffnet. Unsere Reiseleiterin hatte behauptet, es gäbe hier nicht nur das beste Eis in ganz Lucca sondern das beste in der Toskana. Nach eingehendem Probieren kann ich das nur bestätigen. Einige aus meiner Reisegruppe konnten mit dem Verkosten gar nicht wieder aufhören.
In Italien ist Einkaufen immer ein Vergnügen, ganz im Gegensatz zu Deutschland. Egal ob zwei oder zwanzig Leute im Laden stehen die Italiener sind immer gleich freundlich und nicht gestresst. Wenn Ihr einen Laden betretet, stürzt sich keine Verkäuferin auf Euch wie ein Habicht auf ein Huhn und verhört Euch, was Ihr denn zu kaufen gedenkt. Sie ist auch nicht spurlos verschwunden, wenn Ihr Hilfe braucht. In italienischen Läden habe ich weder das Gefühl überwacht noch ignoriert zu werden. Die Italiener haben es einfach drauf. Ich gebe zu, in Italien würde ich glatt zum Einkaufsfan werden. Aber zu meinem Glück lebe ich ja in Deutschland. Da kann mir so was nicht passieren.
In Lucca könnt Ihr aber nicht nur hervorragend schoppen und eisessen, auch dem an mittelalterlicher Geschichte Interessiertem wird einiges geboten. Pisa kann mit einem Platz der Wunder protzen, Lucca hat ein einzelnes Wunder, eine Reliquie. Das Holzkreuz Volvo Santo stammt aus dem 11., 12. oder 13. Jahrhundert, verschiedene Reisebeschreibungen sind sich da nicht einig. Einigen können sie sich nur darauf, dass es einzigartig ist. In einem eigenen Tempel im Dom San Martino kann man es besichtigen. Das Besondere daran, es ist aus dunklem Holz geschnitzt. Dargestellt ist ein mit einer Tunika bekleideter gekreuzigter Christus mit Mandelaugen. Der Legende nach wurde das Holzkreuz in Luni angespült. Außer der Stadt Lucca beanspruchten es noch andere. Man einigte sich, es auf einen führerlosen Ochsenkarren zu legen. Wohin die Ochsen gingen dem sollte es gehören. Schöne Legende, die Ochsen waren sicher Lucceser.
Genauso beeindruckend wie der Dom ist auch die Fassade der Kirche San Michele in Foro mit den vielen verschiedenen Säulen. Von oben schaut ein geflügelter Erzengel Michael grimmig auf die Besucher. Interessant ist neben dem eindrucksvollen Mosaik an der Fassade der Kirche San Frediano auch der merkwürdige Marktplatz Piazza del Mercato. Hier stand einmal das römische Amphitheater. Jetzt sitzen hier Touristen und Einheimische und lassen es sich bei einem Cappuccino gut gehen.
Dienstag, 7. Dezember 2004
Test the best!
Dienstag, 7. Dezember 2004, Kategorie: 'unterwegs'
Letztes Wochenende war es wieder einmal soweit, ich hatte einen schlimmen Anfall von Provinzkoller. Also packte ich meine Kamera in die Reisetasche, ließ vorsichtshalber die Winterreifen aufziehen und sattelte meinen kleinen Straßenfloh Richtung Berlin.
Nur ein geringer Teil der Autobahn hinterm Uckermärker Kreuz stammt noch aus Adolfs Zeiten. Dieser Teil ist stellenweise so schlecht, dass man ihn besser mit einem Panzer befahren sollte. Damit kommen wir dem ursprünglichen Zweck der Piste auch gleich wieder merklich näher. Arbeitsbeschaffung ist ja keine Erfindung aus heutigen Tagen, das gab es schon bei den Nationalsozialisten. Zu deren positiven Leistungen wird gern die Beseitigung der hohen Arbeitslosigkeit durch Autobahnbau und dergleichen gezählt. Dass es sich dabei um Fertigung für den Krieg handelte, wird genauso gern verdrängt. Schließlich sind wir ja nicht verantwortlich für das, was wir produzieren. Irgendwann ist das letzte Stück alte Autobahn ebenso wie die deutsche Geschichte frisch zubetoniert und keiner erinnert sich mehr, nur noch Jubel, Trubel, Heiterkeit und Weihnachtsmarkt.
Meine familiären Spiogenten hatten mir berichtet der Spandauer Weihnachtsmarkt wäre der beste in Berlin. Außerdem könne man in den Arkaden herrlich schoppen gehen. Als männliches Begleitpersonal nahm ich meinen Bruder mit, nicht zu meinem Schutz sondern als Tragetier für die zu erwartenden Einkäufe. Wozu schleppt eine Frau auch sonst einen Mann zur Besorgungsrunde mit. Dabei sind sie doch eher hinderlich, ihre Kreditkarten reichen als Hilfsmittel völlig.
Wir stürzten uns erstmal in die Spandauer Arkaden. Warum sehen die modernen Massenkonsumtempel alle gleich aus? Einen Unterschied zu anderen Arkaden konnte ich nicht ausmachen. Die Fressbuden und die Läden scheinen sich genauso zu gleichen, wie die Sachen, die dort angeboten werden. Nix mit hemmungslosem Schoppingwahn. An meinem guten Willen fehlte es nicht. So weit ich sah, gab es nur Klamotten für Frauen um die 20 und ab etwa 1,80 m Körpergröße. Ich bin jedoch deutlich über 20, nicht einmal 1,70 m groß und sehe mehr nach Bridget Jones als Claudia Schiffer aus, wie vermutlich die Mehrzahl der Frauen in Deutschland. Was soll ich bitteschön mit schweinchenrosa oder himmelblauen Monturen? Ich bin doch kein Baby! Schwarz mag ich auch nicht, ich hab keinen Trauerfall in der Familie. Ich wünschte, ich wäre in Lucca. Da gab es die richtige Kleidung in meinen bevorzugten Farben. Nur leider haben die italienischen Geschäfte mittags geschlossen. So konnte ich mir dort nur die Nase an den Schaufenstern plattdrücken und musste mich hier durch die deutschen Läden kämpfen. Es war wieder einmal eine Einkaufstour zum Abgewöhnen, und ich habe noch kein einziges Weihnachtsgeschenk beisammen.
Der Bummel über den Spandauer Weihnachtsmarkt gestaltete sich trotz großem Gedränge viel entspannter als mein Einkaufsversuch. Womöglich lag das an dem fabelhaften Glühwein. Der Markt zog sich vom Rathaus bis zur Kirche und in einige Nebenstraßen. Die Menschenmassen strömten durch die Gasse der Buden auf der rechten Seite voran und links zurück. Wer versuchte gegen den Strom zu planschen, kam nicht so richtig vorwärts. Auf einer Bühne gaben vier Weihnachtsmänner ein kleines Konzert. Sonst versuchten einzelne Musiker das Gedudel aus den Buden zu übertönen. Das schärfste, was mir da geboten wurde, war ein Hartgesottener in Kniestrümpfe, Schottenrock und einem Dudelsack, in den er unermüdlich blies. Wie mir schien ohne Luft zuholen. Ich spendete für längere Strümpfe.
Dieser Weihnachtsmarkt erschien mir gemütlicher und familiärer als der in Mitte vor dem Palast der Republik. Dafür gab es in Mitte ein Riesenrad und ein Kettenkarussel. Ich hatte weder an dem von mir getrunkenen Glühwein noch den verzehrten Bratwürsten auf beiden Märkten etwas auszusetzen. Nur in Spandau hatte ich mehr mühe ein Plätzchen für den Genuss derselben zu finden, ohne dass mich die vorbeiströmenden anderen Besucher schubsten.
Nächstes Wochenende werde ich den Test des deutschen Leitkulturprodukts Weihnachtsmarkt in Demmin fortsetzen.
Nur ein geringer Teil der Autobahn hinterm Uckermärker Kreuz stammt noch aus Adolfs Zeiten. Dieser Teil ist stellenweise so schlecht, dass man ihn besser mit einem Panzer befahren sollte. Damit kommen wir dem ursprünglichen Zweck der Piste auch gleich wieder merklich näher. Arbeitsbeschaffung ist ja keine Erfindung aus heutigen Tagen, das gab es schon bei den Nationalsozialisten. Zu deren positiven Leistungen wird gern die Beseitigung der hohen Arbeitslosigkeit durch Autobahnbau und dergleichen gezählt. Dass es sich dabei um Fertigung für den Krieg handelte, wird genauso gern verdrängt. Schließlich sind wir ja nicht verantwortlich für das, was wir produzieren. Irgendwann ist das letzte Stück alte Autobahn ebenso wie die deutsche Geschichte frisch zubetoniert und keiner erinnert sich mehr, nur noch Jubel, Trubel, Heiterkeit und Weihnachtsmarkt.
Meine familiären Spiogenten hatten mir berichtet der Spandauer Weihnachtsmarkt wäre der beste in Berlin. Außerdem könne man in den Arkaden herrlich schoppen gehen. Als männliches Begleitpersonal nahm ich meinen Bruder mit, nicht zu meinem Schutz sondern als Tragetier für die zu erwartenden Einkäufe. Wozu schleppt eine Frau auch sonst einen Mann zur Besorgungsrunde mit. Dabei sind sie doch eher hinderlich, ihre Kreditkarten reichen als Hilfsmittel völlig.
Wir stürzten uns erstmal in die Spandauer Arkaden. Warum sehen die modernen Massenkonsumtempel alle gleich aus? Einen Unterschied zu anderen Arkaden konnte ich nicht ausmachen. Die Fressbuden und die Läden scheinen sich genauso zu gleichen, wie die Sachen, die dort angeboten werden. Nix mit hemmungslosem Schoppingwahn. An meinem guten Willen fehlte es nicht. So weit ich sah, gab es nur Klamotten für Frauen um die 20 und ab etwa 1,80 m Körpergröße. Ich bin jedoch deutlich über 20, nicht einmal 1,70 m groß und sehe mehr nach Bridget Jones als Claudia Schiffer aus, wie vermutlich die Mehrzahl der Frauen in Deutschland. Was soll ich bitteschön mit schweinchenrosa oder himmelblauen Monturen? Ich bin doch kein Baby! Schwarz mag ich auch nicht, ich hab keinen Trauerfall in der Familie. Ich wünschte, ich wäre in Lucca. Da gab es die richtige Kleidung in meinen bevorzugten Farben. Nur leider haben die italienischen Geschäfte mittags geschlossen. So konnte ich mir dort nur die Nase an den Schaufenstern plattdrücken und musste mich hier durch die deutschen Läden kämpfen. Es war wieder einmal eine Einkaufstour zum Abgewöhnen, und ich habe noch kein einziges Weihnachtsgeschenk beisammen.
Der Bummel über den Spandauer Weihnachtsmarkt gestaltete sich trotz großem Gedränge viel entspannter als mein Einkaufsversuch. Womöglich lag das an dem fabelhaften Glühwein. Der Markt zog sich vom Rathaus bis zur Kirche und in einige Nebenstraßen. Die Menschenmassen strömten durch die Gasse der Buden auf der rechten Seite voran und links zurück. Wer versuchte gegen den Strom zu planschen, kam nicht so richtig vorwärts. Auf einer Bühne gaben vier Weihnachtsmänner ein kleines Konzert. Sonst versuchten einzelne Musiker das Gedudel aus den Buden zu übertönen. Das schärfste, was mir da geboten wurde, war ein Hartgesottener in Kniestrümpfe, Schottenrock und einem Dudelsack, in den er unermüdlich blies. Wie mir schien ohne Luft zuholen. Ich spendete für längere Strümpfe.
Dieser Weihnachtsmarkt erschien mir gemütlicher und familiärer als der in Mitte vor dem Palast der Republik. Dafür gab es in Mitte ein Riesenrad und ein Kettenkarussel. Ich hatte weder an dem von mir getrunkenen Glühwein noch den verzehrten Bratwürsten auf beiden Märkten etwas auszusetzen. Nur in Spandau hatte ich mehr mühe ein Plätzchen für den Genuss derselben zu finden, ohne dass mich die vorbeiströmenden anderen Besucher schubsten.
Nächstes Wochenende werde ich den Test des deutschen Leitkulturprodukts Weihnachtsmarkt in Demmin fortsetzen.
Donnerstag, 25. November 2004
Mein Traum von der Toskana
Donnerstag, 25. November 2004, Kategorie: 'unterwegs'
Wenn ich an Italien denke, dann denke ich erst einmal an die Toskana, die sanften olivenbaumbepflanzten Hügel, die Zypressen an den Wegen, die Weinstöcke in den Tälern, die weißen Sandstrände der Versalia, das klare, blaue Meer und die Marmorsteinbrüche bei Carrara. Ich sehe die Städte Florenz, Pisa, Siena, Lucca, San Gimignano und natürlich den kleinen Urlaubsort Marina di Pietrasanta. Ich habe den Geschmack der Fenchelsalami auf der Zunge und den Geruch des Vino Santo in der Nase, aber sonst gehört die toskanische Küche eher nicht zu diesem Traum.
Oft brabbeln irgendwelche ahnungslose Deppen vom Einklang mit der Natur, wenn sie die Toskana meinen. Diese Modephrase trifft aber überhaupt nicht zu. Die Toskana ist uraltes Kulturland, von Menschenhand geschaffen. Schon die Etrusker haben dort die Sümpfe trockengelegt und das Land bewirtschaftet lange vor den Römern. Die Toskana war durch die Sümpfe malariaverseucht.
Meinen ersten Aufenthalt in der Toskana hatte ich 1998. Was einem Besucher aus mehr nördlicheren Gefilden dort sofort ins Auge sticht, ist das Licht. Ich hatte den Eindruck, als hätte ich mein Leben bis dahin im Halbdunkel einer Höhle verbracht. Es war unglaublich für mich, wieviel Helligkeit es da gab. Dann erst die Farben, die waren so unwahrscheinlich kräftig, ohne in meinen Augen zu schmerzen, die vielen Grüntöne und dann die verschiedenen Brauntöne in den abgeernteten Feldern um Siena, unfassbar. Gut zu verstehen, dass es Generationen von deutschen Malern immer wieder hierhin zog.
Vierzehn Tage nachdem ich von meiner Toskanareise zurückkehrte, starb meine Mutter an einem Schlaganfall. Wir hatten uns noch in der Nacht meiner Ankunft zusammengesetzt, Vino Santo getrunken und ich hatte ihr voller Begeisterung von der Toskana berichtet. Als ich sie das nächste mal sah, lag sie im Koma, aus dem sie nie wieder erwachte.
Ich war mächtig deprimiert und hatte mir zusätzlich durch die Klimaanlage während der Reise eine saftige Erkältung eingefangen. Die bis dahin schneeweißen Wände meines Wohnzimmers konnte ich einfach nicht mehr ertragen. In der Toskana haben die meisten Häuser außen entweder einen rötlichen oder einen ockerfarbenen Anstrich. Ich entschied mich für die letztere Farbe. Seitdem strahlen die Wände in meiner Stube in freundlichem Toskanagelb, besonders angenehm, wenn es draußen so gräulich trüb ist wie im Moment.
Oft brabbeln irgendwelche ahnungslose Deppen vom Einklang mit der Natur, wenn sie die Toskana meinen. Diese Modephrase trifft aber überhaupt nicht zu. Die Toskana ist uraltes Kulturland, von Menschenhand geschaffen. Schon die Etrusker haben dort die Sümpfe trockengelegt und das Land bewirtschaftet lange vor den Römern. Die Toskana war durch die Sümpfe malariaverseucht.
Meinen ersten Aufenthalt in der Toskana hatte ich 1998. Was einem Besucher aus mehr nördlicheren Gefilden dort sofort ins Auge sticht, ist das Licht. Ich hatte den Eindruck, als hätte ich mein Leben bis dahin im Halbdunkel einer Höhle verbracht. Es war unglaublich für mich, wieviel Helligkeit es da gab. Dann erst die Farben, die waren so unwahrscheinlich kräftig, ohne in meinen Augen zu schmerzen, die vielen Grüntöne und dann die verschiedenen Brauntöne in den abgeernteten Feldern um Siena, unfassbar. Gut zu verstehen, dass es Generationen von deutschen Malern immer wieder hierhin zog.
Vierzehn Tage nachdem ich von meiner Toskanareise zurückkehrte, starb meine Mutter an einem Schlaganfall. Wir hatten uns noch in der Nacht meiner Ankunft zusammengesetzt, Vino Santo getrunken und ich hatte ihr voller Begeisterung von der Toskana berichtet. Als ich sie das nächste mal sah, lag sie im Koma, aus dem sie nie wieder erwachte.
Ich war mächtig deprimiert und hatte mir zusätzlich durch die Klimaanlage während der Reise eine saftige Erkältung eingefangen. Die bis dahin schneeweißen Wände meines Wohnzimmers konnte ich einfach nicht mehr ertragen. In der Toskana haben die meisten Häuser außen entweder einen rötlichen oder einen ockerfarbenen Anstrich. Ich entschied mich für die letztere Farbe. Seitdem strahlen die Wände in meiner Stube in freundlichem Toskanagelb, besonders angenehm, wenn es draußen so gräulich trüb ist wie im Moment.
Mittwoch, 24. November 2004
Der größte Massenselbstmord in Deutschlands Geschichte
Mittwoch, 24. November 2004, Kategorie: 'unterwegs'
Er ereignete sich in keiner der großen Städte sondern ausgerechnet in dem kleinen Provinznest Demmin in Vorpommern. Die Bürger der Stadt hätten liebend gern auf diesen zweifelhaften Ruhm verzichtet, aber Ende April 1945 hatte die Kriegsfront Demmin erreicht.
Das war vor fast 60 Jahren, anscheinend zu lange her. Inzwischen werden Kriege wieder salonfähig. Deutschland wird am Hindukusch verteidigt, fast wie bei Kaiser Wilhelm. Das Grundgesetz wird ausgehöhlt, und alle empfinden das als normal. Die Bundeswehr wird von einer Verteidigungsarmee zur Eingreiftruppe umgewandelt. Die Deutschen leiden unter kollektivem Gedächtnisschwund. Nach 1945 hieß es noch, nie wieder Krieg. Entsinnt sich daran überhaupt noch irgendjemand? Es ist an der Zeit sich zu erinnern, was Kriege anrichten können.
Meine Geburtsstadt ist nicht Demmin, und so erfuhr ich erst nach der Wende von einer Zeitzeugin, was sich 1945 in Demmin ereignet hatte. Zu DDR-Zeiten wurde darüber kein Wort verloren. Meine ehemalige Arbeitskollegin Frau S., inzwischen Rentnerin in Altentreptow, erzählte, wie sie als kleines Mädchen diese Zeit erlebt hatte. Sie war mit Mutter und Schwester als Flüchtlinge aus Stettin in Demmin gestrandet. Ich habe mit dem Demminer Chronisten Karl Schlösser einen weiteren Zeugen, der dieses Ereignis als Kind erlebte und in seiner lesenswerten Broschüre "Demmin - die andere Chronik" beschreibt. Die Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern hat ein kleines Büchlein mit Berichten und Erinnerungen herausgegeben "Das Kriegsende in Demmin 1945".
Frau S. schilderte zu meinem Entsetzen und dem meiner Arbeitskolleginnen, wie Mütter ihre Kinder und sich selbst töteten, bevor die Sowjetarmee in Demmin eintraf. Auch ihre Mutter wurde aufgefordert, es den anderen gleichzutun. Die bewahrte aber kühles Blut und entgegnete, das könne sie immer noch tun. Frau S. berichtete von dem Fall einer Mutter, die zwar die Kraft hatte ihre beiden Kinder zu ertränken, aber nicht sich selbst. Diese Mutter erklärte, ihre toten Söhne sähen wie kleine Engel aus. Wir wollten von Frau S. wissen, warum diese Morde und Selbstmorde bevor die feindliche Armee einfiel? Sie erklärte uns, dass der Grund die nationalsozialistische Propaganda gewesen wäre.
Frau S. berichtete das Haus, in dem sich ihre Familie mit anderen aufhielt, wurde von einem einzelnen sowjetischen Soldaten durchsucht. Er nahm ihnen Uhren und andere Wertgegenstände ab. Dann wollte er eines der Mädchen vergewaltigen. Der Mutter gelang es aber, mit ihm zu verhandeln. Der Soldat meinte daraufhin, wenn nicht die Tochter, dann müsse die Mutter ran. Zum Glück für die Frauen tauchte alsdann ein sowjetischer Offizier auf. Der nahm den Möchtegernvergewaltiger mit. Den Frauen ist nichts weiter passiert. Solch ein Glück hatten die meisten anderen Frauen nicht.
Karl Schlösser berichtete, dass seine Mutter im Nebenzimmer vergewaltigt wurde, während die anderen zitternd zusammenstanden. Als sie aus dem brennenden Demmin flohen, wollte sich seine Mutter das Leben nehmen. Der Großvater verhinderte es, er nahm ihr die Rasierklinge weg. Viele andere hatten keinen tatkräftigen Opa dabei.
Inzwischen hat sich auch das Fernsehen des Themas Massenselbstmord in Demmin angenommen. Ich habe die Sendung allerdings nicht gesehen. Auch die Wikipedia berichtet auf ihrer Demminseite.
Sowohl Wikipedia als auch der MDR geben als Auslöser für die Plünderungen, Brandstiftungen und Massenvergewaltigungen den angeblichen Mord an sowjetischen Offizieren durch einen Demminer Apotheker mittels vergiftetem Wein an. Für die Mär vom giftmörderischen Pharmazieexperten fehlt allerdings jeder Beweis. Alle anderen Zeugen bezeichnen diesen angeblichen Vorfall als Legende.
Zeitzeuge Schlösser bemerkt dazu:
Das Ergebnis ist bekannt. Demmins Altstadt mit ihren Fachwerkhäusern brannte. Erst am dritten Tag durfte gelöscht werden, da gab es schon lange nichts mehr zu retten. Neben den Plünderungen kam es zu Massenvergewaltigungen und in deren Folge zu Massenselbstmord. Frau S. erzählte, das Schlimmste, was sie in diesen Tagen sah, waren die vielen Leichen, die auf den Flüssen trieben. Insgesamt wurde die Zahl der Umgekommenen auf 800 bis weit über 1000 angegeben. Die genaue Anzahl der Toten kennt niemand. Herr Schlösser zitiert in seinem Buch Karin Bloth, die dieses Grauen miterlebte:
Zum Schluss noch einmal Karl Schlösser:
Das war vor fast 60 Jahren, anscheinend zu lange her. Inzwischen werden Kriege wieder salonfähig. Deutschland wird am Hindukusch verteidigt, fast wie bei Kaiser Wilhelm. Das Grundgesetz wird ausgehöhlt, und alle empfinden das als normal. Die Bundeswehr wird von einer Verteidigungsarmee zur Eingreiftruppe umgewandelt. Die Deutschen leiden unter kollektivem Gedächtnisschwund. Nach 1945 hieß es noch, nie wieder Krieg. Entsinnt sich daran überhaupt noch irgendjemand? Es ist an der Zeit sich zu erinnern, was Kriege anrichten können.
Meine Geburtsstadt ist nicht Demmin, und so erfuhr ich erst nach der Wende von einer Zeitzeugin, was sich 1945 in Demmin ereignet hatte. Zu DDR-Zeiten wurde darüber kein Wort verloren. Meine ehemalige Arbeitskollegin Frau S., inzwischen Rentnerin in Altentreptow, erzählte, wie sie als kleines Mädchen diese Zeit erlebt hatte. Sie war mit Mutter und Schwester als Flüchtlinge aus Stettin in Demmin gestrandet. Ich habe mit dem Demminer Chronisten Karl Schlösser einen weiteren Zeugen, der dieses Ereignis als Kind erlebte und in seiner lesenswerten Broschüre "Demmin - die andere Chronik" beschreibt. Die Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern hat ein kleines Büchlein mit Berichten und Erinnerungen herausgegeben "Das Kriegsende in Demmin 1945".
Frau S. schilderte zu meinem Entsetzen und dem meiner Arbeitskolleginnen, wie Mütter ihre Kinder und sich selbst töteten, bevor die Sowjetarmee in Demmin eintraf. Auch ihre Mutter wurde aufgefordert, es den anderen gleichzutun. Die bewahrte aber kühles Blut und entgegnete, das könne sie immer noch tun. Frau S. berichtete von dem Fall einer Mutter, die zwar die Kraft hatte ihre beiden Kinder zu ertränken, aber nicht sich selbst. Diese Mutter erklärte, ihre toten Söhne sähen wie kleine Engel aus. Wir wollten von Frau S. wissen, warum diese Morde und Selbstmorde bevor die feindliche Armee einfiel? Sie erklärte uns, dass der Grund die nationalsozialistische Propaganda gewesen wäre.
Frau S. berichtete das Haus, in dem sich ihre Familie mit anderen aufhielt, wurde von einem einzelnen sowjetischen Soldaten durchsucht. Er nahm ihnen Uhren und andere Wertgegenstände ab. Dann wollte er eines der Mädchen vergewaltigen. Der Mutter gelang es aber, mit ihm zu verhandeln. Der Soldat meinte daraufhin, wenn nicht die Tochter, dann müsse die Mutter ran. Zum Glück für die Frauen tauchte alsdann ein sowjetischer Offizier auf. Der nahm den Möchtegernvergewaltiger mit. Den Frauen ist nichts weiter passiert. Solch ein Glück hatten die meisten anderen Frauen nicht.
Karl Schlösser berichtete, dass seine Mutter im Nebenzimmer vergewaltigt wurde, während die anderen zitternd zusammenstanden. Als sie aus dem brennenden Demmin flohen, wollte sich seine Mutter das Leben nehmen. Der Großvater verhinderte es, er nahm ihr die Rasierklinge weg. Viele andere hatten keinen tatkräftigen Opa dabei.
Inzwischen hat sich auch das Fernsehen des Themas Massenselbstmord in Demmin angenommen. Ich habe die Sendung allerdings nicht gesehen. Auch die Wikipedia berichtet auf ihrer Demminseite.
Sowohl Wikipedia als auch der MDR geben als Auslöser für die Plünderungen, Brandstiftungen und Massenvergewaltigungen den angeblichen Mord an sowjetischen Offizieren durch einen Demminer Apotheker mittels vergiftetem Wein an. Für die Mär vom giftmörderischen Pharmazieexperten fehlt allerdings jeder Beweis. Alle anderen Zeugen bezeichnen diesen angeblichen Vorfall als Legende.
Zeitzeuge Schlösser bemerkt dazu:
Sie müssen zugeben, das klingt wie eine Mär, aus der Operetten gemacht werden. Aber daran glauben viele alte Demminer bis auf den heutigen Tag.Meine ehemalige Arbeitskollegin Frau S., Herr Schlösser selber und auch die Berichte von der LpB Mecklenburg-Vorpommern schildern vielmehr, dass deutsche Soldaten und Nazis aus Demmin die Brücken hinter sich in die Luft gesprengt hätten. Das Ergebnis sei ein Stau der einrückenden sowjetischen Panzerverbände gewesen. Trotz der weißen Fahne von der Bartholomäuskirche und weißer Tücher an einigen Häusern schossen Jugendliche und erwachsene Fanatiker auf sowjetische Soldaten. Die Stadt wurde daraufhin drei Tage zur Plünderung freigegeben.
So entstehen Legenden, die sich immer gegen alle Vernunft behaupten. Oder halten Sie es für möglich, daß sich sowjetische Offiziere inmitten der Front - denn Demmin war zur Zeit Frontlinie - von einem unbekannten Deutschen, dem Gegner also, einladen lassen, um mit ihm bedenkenlos zu trinken? Möglich ist durchaus, daß marodierende, angetrunkene Soldaten in der Apotheke alles tranken, was nach Alkohol roch - vielleicht auch zu fällig Gift.
Das Ergebnis ist bekannt. Demmins Altstadt mit ihren Fachwerkhäusern brannte. Erst am dritten Tag durfte gelöscht werden, da gab es schon lange nichts mehr zu retten. Neben den Plünderungen kam es zu Massenvergewaltigungen und in deren Folge zu Massenselbstmord. Frau S. erzählte, das Schlimmste, was sie in diesen Tagen sah, waren die vielen Leichen, die auf den Flüssen trieben. Insgesamt wurde die Zahl der Umgekommenen auf 800 bis weit über 1000 angegeben. Die genaue Anzahl der Toten kennt niemand. Herr Schlösser zitiert in seinem Buch Karin Bloth, die dieses Grauen miterlebte:
Viele Menschen hatten in diesen Schreckenstagen keinen anderen Ausweg aus Entsetzen und Verzweiflung gewußt als den freiwilligen Tod. Darunter waren Namenlose, die zu einem Flüchtlingstreck aus dem Osten Deutschlands gehörten, der auf dem Weg nach Westen in unsere Stadt in das Inferno geriet.Wäre dieses Inferno zu verhindern gewesen? Vielleicht, denn durch die Nachbarstädte Jarmen, Loitz und Dargun fuhren die Panzer der Sowjetarmee ungehindert. Ein Schicksal wie in Demmin blieb den Bewohnern dieser kleinen Städten erspart.
Ich wurde Augenzeuge, als auf dem Friedhof die Massengräber gefüllt wurden mit ihren Leichen, umwickelt mit Packpapier. Lastwagenladungen voll.
Ich hasse den Krieg, der sinnlos zerstört und noch die Davongekommenen lebenslang zeichnet.
Zum Schluss noch einmal Karl Schlösser:
In einigen Zeitungsberichten und Fernsehreportagen anläßlich der 50. Wiederkehr der Zerstörung Demmins lamentiert man über die besondere, außergewöhnliche Brutalität des Feindes.
Ja, ich frage Sie, was hatten die Demminer erwartet? Eine Extrabehandlung mit Glacéhandschuhen? Glaubten sie, sie könnten auf Verschonung rechnen, obwohl sie nach Hissung der weißen Fahne hinterrücks auf sowjetische Soldaten schossen?
In Demmin, sag ich Ihnen, passierte nichts Außerordentliches: Es fand Krieg statt, der bis zu seinem bitteren Ende erbarmungslos die Wehrlosen, die Unschuldigen traf wie millionenfach zuvor.
Sonntag, 21. November 2004
Florenz und der schönste Hintern
Sonntag, 21. November 2004, Kategorie: 'unterwegs'
Bei meinem ersten Aufenthalt in Florenz war unser Reiseführer ein Pole. Er hielt einen hochwissenschaftlichen Vortrag über die Entdeckung der Perspektive, und warum es gerade in Florenz passieren musste. Diesmal führte uns eine Frau durch die Stadt. Für die Geheimnisse der Zentralperspektive zeigte sie kein übersteigertes Interesse.
Viel mehr Beachtung schenkte sie der männlichen Anatomie, für Frauen auch weitaus unterhaltender. In jeder Ecke von Florenz stehen genug Plastiken für Studienzwecke herum. Es ist ja bekannt, dass Frauen sich an einem knackigen männlichen Hinterteil besonders erfreuen. Die Preisfrage unserer Reiseleiterin lautete, welcher Künstler hat die beste Rückansicht eines Mannes geschaffen. Nun, Michelangelo war es wider Erwarten nicht. Der Preis gebührt statt seiner Benvenuto Cellini mit Perseus. Der Perseus ist auch sonst ganz ansehnlich.
Nur heutigen Schönheitsidealen aus der Werbung würde er nicht mehr entsprechen. Da heißt es ja immer, big ist beautiful, oder je größer desto besser. Mit schätzungsweise nur 1,70 m Körpergröße fiel Perseus durchs Raster des Werbefokuses. Ein Zwergenbiotop für Männer gibt es aber doch noch in heutiger Zeit, falls sich Perseus entschließen könnte, die Riege der Hollywoodschauspieler zu stärken. Schöner als Tom Cruise ist er allemal, und mehr Gesichtsmimik als eine Statue hat der auch nicht drauf.
Nach der Wahl des prächtigsten Gesäßes der Renaissance wurden wir mitten auf der Piazza della Signoria entlassen, um Florenz auf eigener Faust zu erkunden. Mein Magen meldete sich eindringlich. So beschloss ich, erst einmal etwas zu mir zu nehmen, wegen der über Florenz liegenden tropischen Schwüle allerdings nur eine Kleinigkeit. Da das angesagteste Café auf der Piazza, das Rivoire, gerade keinen freien Sitz bot, nahm ich nebenan Platz. Dieses Restaurant war nach dem Gewinner der Powahl benannt. Von meinem Tisch konnte ich zu ihm herübergucken. Perseus drohte mit dem abgeschlagenen Haupt der Medusa. Trotzdem gönnte ich mir einen Eisbecher und einen Espresso.
Italienische Straßencafés sind eine geniale Erfindung. Man sitzt wie im Zuschauerraum eines Theaters und an einem vorbei zieht der Strom der Darsteller. Diesmal schienen es aber deutlich mehr zu sein als bei meinem letzten Besuch in Florenz vor 6 Jahren. Der Schein trog nicht. Unsere Reiseleiterin erzählte, dass an diesem Wochentag in Genua Kreuzfahrtschiffe anlegten. Die Passagiere würden dann in Bussen nach Florenz gekarrt, um die Zahl der Touristen eindrucksvoll zu vergrößern. Gewöhnlich quälen die sich von der Piazza dei Pitti, der Ponte Vecchio, den Uffizien und dem Palazzo Vecchio bis zum Dom aneinander vorbei. Vor Menschenmassen kann man kaum etwas sehen. Wer Florenz einigermaßen in Ruhe genießen will, sollte im November fahren.
Viel mehr Beachtung schenkte sie der männlichen Anatomie, für Frauen auch weitaus unterhaltender. In jeder Ecke von Florenz stehen genug Plastiken für Studienzwecke herum. Es ist ja bekannt, dass Frauen sich an einem knackigen männlichen Hinterteil besonders erfreuen. Die Preisfrage unserer Reiseleiterin lautete, welcher Künstler hat die beste Rückansicht eines Mannes geschaffen. Nun, Michelangelo war es wider Erwarten nicht. Der Preis gebührt statt seiner Benvenuto Cellini mit Perseus. Der Perseus ist auch sonst ganz ansehnlich.
Nur heutigen Schönheitsidealen aus der Werbung würde er nicht mehr entsprechen. Da heißt es ja immer, big ist beautiful, oder je größer desto besser. Mit schätzungsweise nur 1,70 m Körpergröße fiel Perseus durchs Raster des Werbefokuses. Ein Zwergenbiotop für Männer gibt es aber doch noch in heutiger Zeit, falls sich Perseus entschließen könnte, die Riege der Hollywoodschauspieler zu stärken. Schöner als Tom Cruise ist er allemal, und mehr Gesichtsmimik als eine Statue hat der auch nicht drauf.
Nach der Wahl des prächtigsten Gesäßes der Renaissance wurden wir mitten auf der Piazza della Signoria entlassen, um Florenz auf eigener Faust zu erkunden. Mein Magen meldete sich eindringlich. So beschloss ich, erst einmal etwas zu mir zu nehmen, wegen der über Florenz liegenden tropischen Schwüle allerdings nur eine Kleinigkeit. Da das angesagteste Café auf der Piazza, das Rivoire, gerade keinen freien Sitz bot, nahm ich nebenan Platz. Dieses Restaurant war nach dem Gewinner der Powahl benannt. Von meinem Tisch konnte ich zu ihm herübergucken. Perseus drohte mit dem abgeschlagenen Haupt der Medusa. Trotzdem gönnte ich mir einen Eisbecher und einen Espresso.
Italienische Straßencafés sind eine geniale Erfindung. Man sitzt wie im Zuschauerraum eines Theaters und an einem vorbei zieht der Strom der Darsteller. Diesmal schienen es aber deutlich mehr zu sein als bei meinem letzten Besuch in Florenz vor 6 Jahren. Der Schein trog nicht. Unsere Reiseleiterin erzählte, dass an diesem Wochentag in Genua Kreuzfahrtschiffe anlegten. Die Passagiere würden dann in Bussen nach Florenz gekarrt, um die Zahl der Touristen eindrucksvoll zu vergrößern. Gewöhnlich quälen die sich von der Piazza dei Pitti, der Ponte Vecchio, den Uffizien und dem Palazzo Vecchio bis zum Dom aneinander vorbei. Vor Menschenmassen kann man kaum etwas sehen. Wer Florenz einigermaßen in Ruhe genießen will, sollte im November fahren.
Samstag, 20. November 2004
Demmin, ein Wintermärchen
Samstag, 20. November 2004, Kategorie: 'unterwegs'
Heute Morgen musste ich doch zweimal aus dem Fenster gucken, um zu glauben, was ich da sah. Alles weiß, es sah ein bisschen so aus wie in meinem Lieblingsmärchen „Abenteuer im Zauberwald“, das ich erst letzte Woche nach langer Zeit wieder im Fernsehen gesehen habe. Allerdings werden die einstmals brillanten Farben immer blasser. Vielleicht erbarmt sich irgendjemand des russischen Films und restauriert ihn. Die Kinder werden es ihm danken.
Gewöhnlich gibt es keinen richtigen Winter in unserer Gegend. Die Ostsee, wenn auch 50 km entfernt, bestimmt unser Klima. Das bedeutet im allgemeinen kühle Sommer und milde Winter. Mecklenburg-Vorpommern ist nun wirklich kein anerkanntes Wintersportgebiet.
Etwa alle sieben Jahre haben wir einen großen Kälteeinbruch wie im Winter 2003. Es war so bitterkalt, dass die Türen meines Autos mehr als dreimal zugefroren waren. Was sollte ich machen? Ich krabbelte durch den Kofferraum in meinen Wagen. Mit der Zeit bekam ich Übung. Ich parke mein Auto immer in einer Nebenstraße. Deshalb konnte mich niemand bei meinen akrobatischen Kunststücken beobachten. Andernfalls hätte vielleicht jemand die Polizei gerufen.
Falls ich es packe und in meinem Auto sitze, fahre ich über Land. Dann kann ich schöne Fotos knipsen. Ist mein Auto jedoch unter einer Schneewehe verschollen, mache ich einen Spaziergang in den Tannen. Die Tannen sind Demmins Stadtwald, und manchmal sieht es dort aus wie in den russischen Märchen mit Väterchen Frost.
Gewöhnlich gibt es keinen richtigen Winter in unserer Gegend. Die Ostsee, wenn auch 50 km entfernt, bestimmt unser Klima. Das bedeutet im allgemeinen kühle Sommer und milde Winter. Mecklenburg-Vorpommern ist nun wirklich kein anerkanntes Wintersportgebiet.
Etwa alle sieben Jahre haben wir einen großen Kälteeinbruch wie im Winter 2003. Es war so bitterkalt, dass die Türen meines Autos mehr als dreimal zugefroren waren. Was sollte ich machen? Ich krabbelte durch den Kofferraum in meinen Wagen. Mit der Zeit bekam ich Übung. Ich parke mein Auto immer in einer Nebenstraße. Deshalb konnte mich niemand bei meinen akrobatischen Kunststücken beobachten. Andernfalls hätte vielleicht jemand die Polizei gerufen.
Falls ich es packe und in meinem Auto sitze, fahre ich über Land. Dann kann ich schöne Fotos knipsen. Ist mein Auto jedoch unter einer Schneewehe verschollen, mache ich einen Spaziergang in den Tannen. Die Tannen sind Demmins Stadtwald, und manchmal sieht es dort aus wie in den russischen Märchen mit Väterchen Frost.
Freitag, 19. November 2004
Die Bretagne, die Heimat von Asterix
Freitag, 19. November 2004, Kategorie: 'unterwegs'
Zu unserer Reisegruppe gehörte auch ein Vater mit halbwüchsigem Sohn. Die Reiseleiterin machte den Jungen extra darauf aufmerksam, dass wir nun in der gallischen Heimat des Comichelden Asterix angelangt wären, in der Bretagne.
Die Gallier, wie die Römer sie nannten, sind Kelten. Deshalb sind die Bretonen auch weitaus mehr mit den Bewohnern Cornwalls auf der anderen Seite des Kanals verwandt als mit den Franzosen. Die Liebe der Franzosen zu ihrer Sprache hat wie der Januskopf zwei Seiten. Das hässliche Gesicht zeigte sich den Bretonen Ende des 19. Jahrhunderts, als in Frankreich die Regionalsprachen verboten wurden. Den Kindern wurde untersagt, ihre Muttersprache zu sprechen. Sie galt als minderwärtig. Hielten sich die Schüler nicht an das Verbot, dann drohten ihnen drakonische Strafen. Ich nenne das Kolonialismus, und genauso werden es die Bretonen empfunden haben.
Zum Glück sind diese Zeiten vorbei. Die Unterdrückung der Regionalsprachen wurde 1951 aufgehoben. Allerdings ist Bretonisch noch immer kein Pflichtfach in Asterix Heimat, genausowenig wie Plattdeutsch in Mecklenburg-Vorpommern. Die Hasser der Regionalsprache haben ganze Arbeit geleistet. Nur noch die alten Leute können Bretonisch sprechen und verstehen, die Mehrheit der jüngeren kann es nicht mehr. Ähnliches kann ich für meine eigentliche Muttersprache vermelden. Für meine Großeltern war Niederdeutsch die Sprache, in der sie dachten und sich unterhielten. Ich kann Platt gerade noch verstehen, aber nicht mehr sprechen.
Das ist sehr traurig, finde ich, denn mit den Regionalsprachen verschwindet auch immer ein Stückchen Identität. Mein Alptraum für Europa wäre ein grässlich verunstaltetes Englisch als einheitliche Sprache, überall dieselben furchtbaren Einheitsbauten und McDonalds für alle. Brr, igittigitt! Dann könnte ich auch gleich zu Hause bleiben!
Die Haupterwerbszweige in der Bretagne sind die Landwirtschaft und der Tourismus genau wie in Cornwall und Mecklenburg-Vorpommern. Die Bretagne liegt am äußersten Rand von Frankreich ebenso wie die anderen beiden Regionen in Großbritannien oder in Deutschland. Darin und nur darin gleichen sie sich, sonst sind sie zum Glück herrlich unterschiedlich.
Die Gallier, wie die Römer sie nannten, sind Kelten. Deshalb sind die Bretonen auch weitaus mehr mit den Bewohnern Cornwalls auf der anderen Seite des Kanals verwandt als mit den Franzosen. Die Liebe der Franzosen zu ihrer Sprache hat wie der Januskopf zwei Seiten. Das hässliche Gesicht zeigte sich den Bretonen Ende des 19. Jahrhunderts, als in Frankreich die Regionalsprachen verboten wurden. Den Kindern wurde untersagt, ihre Muttersprache zu sprechen. Sie galt als minderwärtig. Hielten sich die Schüler nicht an das Verbot, dann drohten ihnen drakonische Strafen. Ich nenne das Kolonialismus, und genauso werden es die Bretonen empfunden haben.
Zum Glück sind diese Zeiten vorbei. Die Unterdrückung der Regionalsprachen wurde 1951 aufgehoben. Allerdings ist Bretonisch noch immer kein Pflichtfach in Asterix Heimat, genausowenig wie Plattdeutsch in Mecklenburg-Vorpommern. Die Hasser der Regionalsprache haben ganze Arbeit geleistet. Nur noch die alten Leute können Bretonisch sprechen und verstehen, die Mehrheit der jüngeren kann es nicht mehr. Ähnliches kann ich für meine eigentliche Muttersprache vermelden. Für meine Großeltern war Niederdeutsch die Sprache, in der sie dachten und sich unterhielten. Ich kann Platt gerade noch verstehen, aber nicht mehr sprechen.
Das ist sehr traurig, finde ich, denn mit den Regionalsprachen verschwindet auch immer ein Stückchen Identität. Mein Alptraum für Europa wäre ein grässlich verunstaltetes Englisch als einheitliche Sprache, überall dieselben furchtbaren Einheitsbauten und McDonalds für alle. Brr, igittigitt! Dann könnte ich auch gleich zu Hause bleiben!
Die Haupterwerbszweige in der Bretagne sind die Landwirtschaft und der Tourismus genau wie in Cornwall und Mecklenburg-Vorpommern. Die Bretagne liegt am äußersten Rand von Frankreich ebenso wie die anderen beiden Regionen in Großbritannien oder in Deutschland. Darin und nur darin gleichen sie sich, sonst sind sie zum Glück herrlich unterschiedlich.
Donnerstag, 18. November 2004
Die Hauptstadt Berlin
Donnerstag, 18. November 2004, Kategorie: 'unterwegs'
Berlin ist für mich nicht nur als Hauptstadt aller Deutschen bedeutsam. Fast alle aus meiner Sippe leben hier.
Jedes Mal, wenn ich in der Abgeschiedenheit Vorpommerns einen Provinzkoller kriege, packe ich meine Sachen und falle einem aus meiner Verwandtschaft für ein Wochenende lästig.
Ein Film, den ich gesehen habe, hieß "My big fat Greek wedding". Meine Verwandten sind zwar keine Griechen, aber sie können trotzdem locker mit der Sippe aus dem Film mithalten.
Die neue Autobahn A20 von Berlin bis Altentreptow ist fertig. Jetzt brauche ich im günstigsten Fall mit meinem kleinen Straßenfloh zwei Stunden und dann bin ich bei meinen Lieben.
Berlin ist nicht meine Lieblingsgroßstadt in Deutschland, den Platz hat seit langem Dresden besetzt, aber mit Berlin kann ich mich arrangieren. Das Kulturangebot ist trotz rot-roter Sparmaßnahmen immer noch immens. Leider kann ich keinen meiner Lieben dazu überreden mit mir ins Theater zu gehen, und allein macht es mir einfach keinen Spaß. Das Theater ist das, was ich in meiner vorpommerschen Provinz wirklich vermisse.
Berlin hat als Großstadt nicht nur Straßenlärm zu bieten. Die stille, schöne Seite von Berlin durfte ich bei einer Brückenfahrt auf Spree und Landwehrkanal erleben. Sogar Kreuzberg hat vom Wasser aus gesehen ein freundliches Antlitz.
Jedes Mal, wenn ich in der Abgeschiedenheit Vorpommerns einen Provinzkoller kriege, packe ich meine Sachen und falle einem aus meiner Verwandtschaft für ein Wochenende lästig.
Ein Film, den ich gesehen habe, hieß "My big fat Greek wedding". Meine Verwandten sind zwar keine Griechen, aber sie können trotzdem locker mit der Sippe aus dem Film mithalten.
Die neue Autobahn A20 von Berlin bis Altentreptow ist fertig. Jetzt brauche ich im günstigsten Fall mit meinem kleinen Straßenfloh zwei Stunden und dann bin ich bei meinen Lieben.
Berlin ist nicht meine Lieblingsgroßstadt in Deutschland, den Platz hat seit langem Dresden besetzt, aber mit Berlin kann ich mich arrangieren. Das Kulturangebot ist trotz rot-roter Sparmaßnahmen immer noch immens. Leider kann ich keinen meiner Lieben dazu überreden mit mir ins Theater zu gehen, und allein macht es mir einfach keinen Spaß. Das Theater ist das, was ich in meiner vorpommerschen Provinz wirklich vermisse.
Berlin hat als Großstadt nicht nur Straßenlärm zu bieten. Die stille, schöne Seite von Berlin durfte ich bei einer Brückenfahrt auf Spree und Landwehrkanal erleben. Sogar Kreuzberg hat vom Wasser aus gesehen ein freundliches Antlitz.
Mittwoch, 17. November 2004
Die Provinzhauptstadt Schwerin
Mittwoch, 17. November 2004, Kategorie: 'unterwegs'
Einmal im Jahr bin ich für eine Woche in Schwerin, zum Lehrgang. 2002 war es recht spät im Jahr. Deshalb sahen wir Schwerin erst bei Dunkelheit, nachdem der Lehrgang beendet war.
Tatsächlich erscheint Schwerin als großes Dorf mit einem Schloss. In dem residiert die Landesregierung, weitab vom östlich gelegenen Vorpommern und seinen Problemen.
Die Bevölkerung der Stadt hat rapide abgenommen, so verlor Schwerin seinen Status als Großstadt. Das einzige, das wächst, ist der Straßenverkehr. Gewöhnlich könnt Ihr nach 19.00 Uhr keine menschliche Seele mehr im Stadtzentrum antreffen. Das ist die Zeit, an der die Einwohner die Bürgersteige hochklappen und ihre Frauen und Kinder wegschließen. Nur die beleuchteten Fenster an den Häusern zeigen Euch, Ihr befindet Euch immer noch auf bewohntem Gebiet.
Die Überraschung war in jener Woche groß, es war Weihnachtsmarkt. So viele Menschen auf einen Haufen habe ich in Schwerin nur gesehen, wenn das Kino schließt. Es war mein erster Weihnachtsmarkt in Schwerin, und der war richtig schön. Leider musste ich die Fahrt mit dem Riesenrad und dem Karussell ausschlagen. Mir wird übel dabei. Extreme Reisekrankheit ist schon eine große Plage.
Also blieb mir nur den Glühwein zu testen. Mhmmm, nicht schlecht.
Tatsächlich erscheint Schwerin als großes Dorf mit einem Schloss. In dem residiert die Landesregierung, weitab vom östlich gelegenen Vorpommern und seinen Problemen.
Die Bevölkerung der Stadt hat rapide abgenommen, so verlor Schwerin seinen Status als Großstadt. Das einzige, das wächst, ist der Straßenverkehr. Gewöhnlich könnt Ihr nach 19.00 Uhr keine menschliche Seele mehr im Stadtzentrum antreffen. Das ist die Zeit, an der die Einwohner die Bürgersteige hochklappen und ihre Frauen und Kinder wegschließen. Nur die beleuchteten Fenster an den Häusern zeigen Euch, Ihr befindet Euch immer noch auf bewohntem Gebiet.
Die Überraschung war in jener Woche groß, es war Weihnachtsmarkt. So viele Menschen auf einen Haufen habe ich in Schwerin nur gesehen, wenn das Kino schließt. Es war mein erster Weihnachtsmarkt in Schwerin, und der war richtig schön. Leider musste ich die Fahrt mit dem Riesenrad und dem Karussell ausschlagen. Mir wird übel dabei. Extreme Reisekrankheit ist schon eine große Plage.
Also blieb mir nur den Glühwein zu testen. Mhmmm, nicht schlecht.
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