Nordlichter
Kopf
Sonntag, 7. Mai 2006
Verschollen im Kleiderschrank
Auch dieses Wochenende verlief nicht ohne Blessuren. Ich habe mir den Zeigefinger beim Öffnen einer Dose mit Klößchensuppe aufgeschnitten. Wer Fertigfutter frisst, muss bestraft werden! Der Inhalt der Dose entschädigte mich in keinster Weise dafür, dass ich die nächste Zeit im Haushalt einen Gummihandschuh tragen muss.

Nach dem Unfall habe ich mich in einer neuen Sportart versucht, Tiefseetauchen im Kleiderschrank. Im Frühjahr ist das durchaus ein Trend. Im Schrank ist jetzt wieder Platz und davor stapeln sich die Plastebeutel mit den aussortierten Sachen. Da ich noch zu schlapp bin, und an mir genug zu schleppen habe, muss ich warten, bis einer meiner Helfer vorbeikommt. Der kann die Beutel dann in der Kleiderbox vorm Wohnblock versenken. In den Untiefen meines Schranks habe ich Jeans entdeckt, die mir passen, was meine Laune ungemein hob. Seit meiner Erkrankung trug ich besonders kleidsame Jogginghosen, die sich meinem schwindenden Gewicht anpassten, und auch dem Stoma keine besondere Geltung verschafften. Nun, das Beutelchen bin ich ja jetzt los.

Kaum zu fassen, ich war schon mal so mager wie jetzt. Mein Kollege erklärte zu jener Zeit, wenn er eine Person näher beschrieb, „Noch dünner als Marion, obwohl das ja eigentlich gar nicht geht.“ Als ich mich über blaue Flecke beschwerte, die ich mir beim wilden Tanzen mit einem ebenso windschlüpfrigen Kollegen zugezogen hatte, lautete der Kommentar, „Kein Wunder, wenn Brett an Brett knallt.“ Zu meiner Ehrenrettung muss ich sagen, dass ich optisch etwas anders ausschaute als heute. Ich hatte viel Sport getrieben, bin radgefahren, habe Federball- und Volleyball gespielt. Damals hatte ich noch einen Hintern, und BHs passten mir auch. Nun gut, am Hintern schlägt sie Falten, aber am Bund passt die Jeans wenigstens. Die Shorts könnte ich auch alle wieder anziehen sogar das grüne Sportdings mit dem weißen Ralleystreifen. Aber an Sport ist ja vorläufig nicht zu denken.

Ich musste meiner Chefin versprechen vorerst nicht auf meinem Hometrainer zu klettern. Sie befürchtet, ich könnte abstürzen, mir böse Dellen zuziehen und hilflos auf meinem Teppich darniederliegen. Solange ich noch Mühe habe die drei Etagen zu meiner Wohnung hochzukraxeln ist Sport noch keine Option. Ich werde mit einfachen Spaziergängen beginnen, um den Block, im Viertel und so weiter. Dann kann ich auch so langsam meinen Haushalt wieder allein managen. Das Fensterputzen darfst Du natürlich trotzdem übernehmen, liebes Kusinchen! Ich werde mich auf den Rest schmeißen. Bis dahin gilt: Es gibt noch viel zu tun, lassen wir es liegen.

Permalink