Nordlichter
Kopf
Montag, 3. Dezember 2007
Ein Herz für Bedürftige
Eigentlich fällt mir das Bloggen wegen meines rückwertigen Problems und den Schmerzen in Schulter und rechtem Arm ziemlich schwer, aber ich komme nicht umhin, einen wahren Kämpfer für die Gerechtigkeit entsprechend zu würdigen. Ehre, wem Ehre gebührt:

Dr. Uzulis, seines Zeichens Chefredakteur der führenden, weil einzigen, Tageszeitung in dieser nordöstlichen Provinz, hatte mich schon mit seinem vorletzten Kommentar über alle Maßen entzückt. Er diagnostizierte bei den Grünen einen deutlichen Linksdrall. Die wollen doch tatsächlich mit ihrem Grundsicherungsmodell den Hartz-IV-Satz auf 420 Euro und für Kinder auf 350 Euro erhöhen. Igitt, die Sorge um die Zukurzgekommenen dieser Gesellschaft sollte man ausschließlich den Gutmenschen überlassen! Denn dies verträgt sich in keinster Weise mit den christlichen Werten, die der Herr Chefredakteur bei jeder passenden Gelegenheit einklagt. In seinem Kommentar machte Dr. Uzulis einmal mehr klar, dass er sich der Leistungsträger dieser Gesellschaft annehmen will. Die müssen vor den Begehrlichkeiten der Empfänger von Sozialleistungen und Renten geschützt werden.

Da fühle ich mich gleich ertappt, denn ich gehöre zur letzteren Klientel. Natürlich möchte ich mich hiermit bei den Leistungsträgern unserer Gesellschaft entschuldigen, dass ich ihnen mit meinen Ansprüchen zur Last falle. Meine Doppelkrebserkrankung hatte ich mir extra durch gesunde Lebensweise zugelegt. Hierfür bitte ich demütig um Verzeihung. Ich empfinde es deshalb als gerecht, wenn ich von meiner kleinen Erwerbsminderungsrente den vollen Krankenkassenbeitrag selbst bezahlen darf. Es geht auch in Ordnung, wenn die Krankenkasse nur noch Fahrten ins Krankenhaus sowie zu Chemo- bzw. Strahlentherapie bezahlt. Falls ich zu schwach sein sollte irgendwohin zur ambulanten Behandlung zu tippeln, ist das schließlich mein eigenes Verschulden. Ich freue mich natürlich, dass viele Medikamente und Hilfsmittel, die ich benötige, um mein Leben mit der Erkrankung zu ertragen, keine Kassenleistungen mehr sind. Das stärkt meine Eigenverantwortung z.B. auch bei der Auswahl der geeigneten Vorlagen für mein Grundproblem.

Nachdem Dr. Uzulis letzte Woche die Grünen also als verkappte Linke enttarnt hatte, widmete er sich in seinem neuen Kommentar mutig den wahren Bedürftigen hierzulande. Das sind notleidende Unternehmen, denen es so schlecht geht, dass sie ihren Angestellten Armutslöhne zahlen müssen, wollen sie denn noch genug Gewinn erwirtschaften. Den Verdacht, mit Dumpinglöhnen zu operieren, kann man sich in Deutschland leider schon einhandeln, wenn man seinem Personals weniger als 7,50 Euro pro Stunde bezahlt.
Nun wird es also dazu kommen, dass kleinere Potzustellbetriebe in dem nach unten zementierten Wettbewerb aufgeben müssen, weil ihr Vorteil eben nicht alleine darin lag, besser und schneller zuzustellen als die Deutsche Post, sondern vor allem, weil sie billiger waren. Dieser entscheidende Wettbewerbsvorteil fällt weg. Das bedeutet, dass vom kommenden Jahr an etliche Betriebe über den Jordan gehen. Und mit ihnen die Beschäftigten, die dann in die Arbeitslosigkeit rutschen und somit staatliche Unterstützung benötigen. ...
Ja das ist traurig. Allerdings vergisst Dr. Uzulis eins zu erwähnen, viele dieser Beschäftigten beziehen schon jetzt Hartz IV ergänzend zu ihrem Einkommen. Aber so wichtig ist diese Tatsache nun auch wieder nicht. Ein Kommentar in einer Regionalzeitung ist schließlich keine wissenschaftliche Abhandlung sondern eine Meinung. Die Konkurrenten der Post legen einen Ideenreichtum an den Tag, den ich bewundernswert finde. Welches andere Unternehmen fährt sein Personal in Bussen zur Demo, verteilt Plakate und Trillerpfeifen an die Belegschaft sowie kostenlos Filmmaterial an die Presse? Und welches andere Unternehmen bezahlt seinen Angestellten fürs Demonstrieren? Bei soviel Fürsorge bestätigen die Beschäftigten sicher gerne, dass sie mit einem Lohn von 6 Euro zufrieden sind. Ich stimme durchaus mit dem Herrn Chefredakteur überein, diese kleinen Postzustellunternehmen sind es wert, dass der Steuerzahler sie sponsert. Wie soll es sonst einen fairen Wettbewerb unter den Firmen im Postvertrieb geben?
Es ist ein Jammer, dass die Politik in diesem Land dem Markt mit zunehmender Tendenz misstraut. Dass sie sich anmaßt, überall dort regelnd einzugreifen, wo sich die freien Kräfte der Wirtschaft entfalten können. Die Politik glaubt es besser zu können als die Wirtschaft - und fällt doch mit ihren Konzepten immer wieder auf die Nase. In dem Wahn, es möglichst vielen Menschen gut gehen zu lassen, lässt sie es tatsächlich immer mehr Menschen schlechter gehen. Durch Umverteilungen, irrwitzige Restriktionen freien wirtschaftlichen Handelns, Abgaben und Steuern in oftmals unanständiger Höhe treibt sie die Menschen in Abhängigkeit und Unmündigkeit.
Es lebe der freie Markt, aber Dr. Uzulis Politikerschelte kann ich dennoch nicht nachvollziehen. Agenda 2010 und Hartz I-IV haben doch erst die Gründung dieser kleinen innovativen Firmen ermöglicht. Diese Maßnahmen wurden und werden von verantwortungsbewussten Politikern vorangetrieben, die wollen, dass es Deutschland wieder besser geht. Dafür sei ihnen ausdrücklich gedankt.
Frau Merkel und Herr Beck sollten im nächsten Jahr einmal diejenigen Briefzusteller befragen, die durch den nun festgeschriebenen überhöhten Mindestlohn ihren Job verlieren, was ihnen lieber ist: als freie, stolze Menschen für etwas weniger Geld zu arbeiten oder als Arbeitslosengeldempfänger wegen eines Mindestlohns, den ihr Arbeitgeber nicht mehr zahlen konnte, ins soziale Abseits zu geraten.
Hier zeigt der Chefredakteur, selbst wohl kein armer Mann, dass er sich in andere hineinversetzen kann. Auch Niedriglöhner können stolz sein. Das wird besonders deren Kinder aufbauen, wenn sie in der Schule mal wieder gemobbt wurden, weil sie keine Markenklamotten tragen. Unsere Eltern sind zwar arm aber stolz darauf, dass sie sich dank Agenda 2010 und Hartz IV frei dazu entscheiden durften für einen Niedriglohn zu arbeiten, der gerade mal zum Leben reicht oder auch eben nicht.

flierswelt.wordpress.com

Ich hoffe, Dr. Uzulis wird mich und die Leser des Nordkuriers auch weiterhin mit solchen Kommentaren wie den hier erwähnten begeistern. Ich mag seine mustergültige Art Probleme anzusprechen: sachlich, kritisch und so unabhängig. Mehr davon!

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Samstag, 17. November 2007
Jocasta Innes - Küchen im ländlichen Stil
Meine eigene Küche gleicht keiner der von James Merrell fotografierten, dazu ist sie viel zu winzig, etwa 2,15 m im Quadrat. Sie scheint mehr ein begehbarer Schrank zu sein. Ich hatte nicht mal Platz für eine mechanische Abwaschhilfe, deshalb spüle ich von Hand. Den einzigen verfügbaren Raum nimmt statt einer Mikrowelle der Brotbackautomat ein. Trotz ihrer Beschränktheit mag ich meine Küche noch immer. Sich bei viel Platz auszubreiten, kann schließlich jeder. Die Kunst beginnt erst, wenn wenig Stauraum verfügbar ist, und wirklich jeder Zentimeter genutzt wird. Einen Vorteil hat das Ganze, ich finde sämtliche Töpfe, Messer oder etwa Gläser auch bei Stromausfall, denn, wo sie stehen, ist genau ausgeklügelt.

Die Küchenmöbel hatte ich vor nun elf Jahren bei Roller erworben. Zu einer Zeit, wo noch niemand den Möbelkauf beim Discounter bei der Geschmackspolizei denunzierte. Inzwischen gibt es in Deutschland ja genug Leute, die nirgendwo anders als im Billigmarkt einkaufen können. Damals jedenfalls hatte ich jemand in der Hinterhand, dessen handwerkliches Geschick jedem Bretterpaket und widersprüchlicher Aufbauanleitung gewachsen war, meinen Vater. Wir hatten zusammen die Fliesen und den Fußbodenbelag im örtlichen Baumarkt gekauft und dann in Neubrandenburg die Möbel ausgesucht. Ich hatte mich für eine Küche in verschiedene Brauntöne entschieden.

Brauntöne und Holz sind auch die beherrschenden Stilelemente in den vorgestellten Küchen des Buches. Jede dieser Küchen hat ihren eigenen Charakter und ist auf ihre Weise schön. Dabei ist die Variationsbreite immens. Auf der einen Seite steht eine fast kahlwirkende kalifornische Küche in mattgrauem Massivholz. Die elektrischen Geräte wie Herd und Spülmaschine, schwarz und verchromt, integrieren sich perfekt in das minimalistische Gesamtkonzept. Jocasta Innes bezeichnet es zurecht als asketisch. Aber auch das hat seinen Reiz. Wenn man die Seite umblättert, landet man in einer typisch rustikalen Küche im überbordenden englischen Cottagestil. Hier sieht es immer ein wenig unaufgeräumt aus, so als gäbe es nicht genug Behältnisse für die vielen Töpfe, Teller, Tassen und sonstigen Utensilien. Welch ein Gegensatz zur Einrichtung auf der vorhergehenden Seite des Buches!

Bis auf vielleicht zwei, ist bei keiner der vorgestellten Küchen der Hauptzweck Repräsentation. Genausowenig wie das in meiner eigenen Kombüse der Fall ist. So wie die Fotos ausschauen, wird dort mit Leidenschaft gekocht und gegessen. Jocasta Innes schreibt:
Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich mich ohne Vorbereitung in jeder der auf den folgenden Seiten abgebildeten Küchen nach kurzer Zeit zurechtfinden würde. Dies beruht zweifelos einmal auf der praktischen Strategie, die notwendigsten Utensilien für jedermann sichtbar aufzubewahren. Zum anderen liegt es aber auch daran, dass in der Organisation dieser Küchen Instinkt und Tradition die Theorie eingeholt haben und eine (Land-) Karte zeichnen, die jeder der kocht, lesen kann.
HängegitterIn meiner eigenen Zwergenküche halte ich es aus praktischen Erwägungen genauso. Neben der Kochstelle steht eine kleine dunkelbraune Töpferware aus Bulgarien. Eigentlich sollte sie als Ölkrug dienen, aber sie enthält diverse Holzlöffel griffbereit. Neben dem Herd hängen von der Decke an Haken Pfannen, Woks, Siebe, Kartoffelstampfer, eine Unzahl von Kellen und natürlich Topflappen.

Mein Vater hatte festgestellt, ich könnte enorm Geld sparen, wenn er meine Küche renovierte. Es würde nur ein wenig länger dauern. Aber nicht nur das, er hat praktisch seine ganze Liebe zu mir in diese Küche eingebaut. Die einzige Veränderung, die ich vorgenommen habe, der alte Kühlschrank ist inzwischen durch ein neues Modell ausgetauscht worden. Die Spüle muss auch ersetzt werden. Die neue liegt bei den Eltern im Schuppen. Ich warte nur darauf, dass sich jemand findet, der sie mir einbaut.

Die Küche, die mir im Buch am besten gefällt, ist ausgerechnet eine amerikanische. Das hätte ich nun nicht unbedingt erwartet. Ich hätte da mehr auf eine französische getippt. In der Tat hat diese Küche, in Weiß und hellem Holz gehalten, viel für sich. Sie hat einige praktische Details wie eine zum Gläserregal umgebaute Durchreiche oder die im Wandregal eingelassenen Schlitze für die Küchenmesser.

Die Grundform der amerikanischen Küche bildet ein U. In der Mitte steht ein großer Gasherd über dem gußeiserne Formen angebracht sind. An der Decke hängen Körbe, Kräutersträuße und Zwiebelzöpfe. Die Wände bestehen aus hellem Holz, die Küchenmöbel hingegen sind dunkelrot die Ablageflächen dunkelbraun. Direkt über den Spülbecken befindet sich das Fenster. Während des Abwaschs kann man also einen Blick nach draußen riskieren. So gut habe ich es leder nicht. Meine Küche hat keine Fenster. Ich geb es zu, in dieser amerikanischen Küche würde ich gerne kochen. Im Moment bin ich leider zu krank und zu geschwächt, um mich selbst bekochen zu können.

Eine Rezeptsammlung bildet den passenden Abschluß des Buches mit den wunderschönen ländliche Küchen. Ich hoffe ja, dass ich irgendwann wieder in der Lage bin, einige davon selbst auszuprobieren.

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Sonntag, 7. Oktober 2007
Peter Mayle - Mein Jahr in der Provence
Während der letzten drei Wochen in der Greifswalder Uniklinik, hatte ich durch die, für mich belastenden Untersuchungen, nicht viel zu lachen. Meine Freundin Beate schaffte es aber immerhin dreimal vorbeizuschauen. Dabei versorgte sie mich mit Tomaten, Äpfel und Bananen. Ihr Mann hatte auch wieder jene Art von Kuchen gebacken, von der er wusste, dass ich den liebend gerne essen würde, Obstkuchen mit knackigen Streuseln. Die beiden scheinen zu befürchten, dass ich total vom Fleische fallen werde, wenn sie dem nicht abhelfen. Im Moment fühlen sie sich bestätigt, denn ich sehe wieder wie ein Hungerhaken aus.

Um mich ein wenig aufzumuntern hatte Beate mir ein schmales Büchlein mitgebracht. „Mein Jahr in der Provence“ vom englischen Autor Peter Mayle ist bereits 1989 vor fast zwanzig Jahren erschienen. Peter Mayle hat seinen Reisebericht genau in jenem Stil geschrieben, den ich an britischen Gegenwartsfilmen so liebe, mit humorvollem Blick auf die Widrigkeiten des alltäglichen Lebens. Bei der Schilderung meiner Krankengeschichte versuche ich mich ja auch darin. Seit meiner Krebserkrankung sind meine Reisebeschreibungen doch etwas rar geworden. Meine letzte Urlaubsreise liegt drei Jahre zurück. In der Provence war ich im Oktober 1999 nur zu einem kurzen Abstecher in Nizza, Cannes und Grasse, denn das eigentliche Reiseziel war Ligurien. Es war eine der schönsten Fahrten, die ich je unternommen habe. Von den kulinarischen Genüssen sowohl in Frankreich als auch in Italien schwärme ich heute noch.

Blumenmarkt in NizzaAbgesehen von meinem Faible für das dortige Essen, die Sommer in der Provence wären mir auf Dauer und besonders jetzt als Trägerin von neckischen gummierten Langschäftern deutlich zu heiß. Peter Mayle und seine Frau plagten keins meiner Problemchen, und so kauften sie sich einen alten Bauernhof zu Füßen von Bergen und eines Nationalparkes. Die zwölf Monate bilden die Kapitel des Buches und der Leser erfährt auf amüsante Weise wie es dem Ehepaar gelingt, in ihrem Tal heimisch zu werden. Die erste Hürde nehmen sie beim Essen bei den Nachbarn. Sie wurden dorthin eingeladen, um von deren Freunden und Verwandten gebührig beäugt zu werden. Glaubt man Peter Mayle, dann war das, was ihnen dort geboten wurde, ein quantitativ und qualitativ unvergessliches Festmahl.
Wir aßen an diesem Abend für die Ehre Englands.
Als die beiden englischen Gäste bis zur Oberkante ihrer Unterlippe abgefüllt waren, sollte Peter Mayle noch ein großes Glas leeren.
Ich sah mich voller Verzweiflung am Tisch um. Alle Augen ruhten auf mir; es gab keine Chance, das Zeug dem Hund zu geben oder es direkt in den Schuh tröpfeln zu lassen. Mit einer Hand suchte ich am Tisch Halt, mit der anderen griff ich nach dem Glas, machte die Augen zu, betete zum Schutzpatron der Verstopften und kippte es hinunter.
Zu seiner Erleichterung handelte es sich um ein Trickglas. Es war leer.

Die High Society, die sich ja auch dort unten herumtreibt, spielt in den Schilderungen Peter Mayles keine Rolle. Nach etlichen Monaten in der Provence stellt er angesichts einer eleganten Party fest:
Es gab keine Zweifel; wir waren Waldschrate geworden.
Der Autor führt dem Leser die liebenswerte Schrulligkeit der ganz normalen Leute vor Augen. Zum Beispiel den Nachbarn Massot, ein Unikum, das mit drei bissigen Hunden im Schattental nebenan lebt, das er für 1 Million Francs verkaufen möchte. Von Massot erhält Peter Mayle ein Rezept für jungen Fuchs in Blutrotweinsoße. Dann gibt es noch den Maurer Didier mit Cockerspaniel, den Architekten Christian, den Gipser Ramon, der Bier trinkt und ohne Wasserwaage eine gerade Decke einzieht, den modisch-eleganten Poolreiniger Bernard, der Zahnärzte in die Finger beißt, und seinen Gehilfen Gaston. Ihre Nachbarn das Ehepaar Faustin gewannen die Mayles dadurch für sich, dass sie die Weinberge erhielten und nicht wie andere Neubürger in Landschaftspark, Golf- oder Tennisplätze umwandelten.
Der Leser erlebt mit dem englischen Paar den 1. Mistral:
Alle Probleme, die nicht den Politikern angelastet werden können, rühren vom Sâcré Vent her, ...
Sie hielten die Schilderungen über den Mistral für eine typische provenzalische Übertreibung. Der Klempner Monsieur Menicucci und sein Lehrling Jeune reparierten dann die Schäden. Zum Erstaunen der Neubürger fällt Schnee in der Provence und die Winterküche unterscheidet sich deutlich von der im Sommer. Peter Mayle und seine Frau finden das Essen und seine Zubereitung genauso wichtig wie ihre provenzalischen Freunde. Der Leser freut sich mit ihnen bei den Streifzügen durch die Märkte und die Restaurants der Gegend. Der Bodenreiniger Monsieur Bagnols begutachtet Drei-Sterne-Restaurants während seiner zweistündigen Mittagpause. Er hat in Liverpool Lammbraten gegessen, wie er Peter Mayle verriet. Sein Fazit:
... es ist ja bekannt, daß die Engländer ihr Lamm zweimal töten; einmal beim Schlachten und das zweite Mal beim Kochen.
Peter Mayle berichtet vom plötzlichen Interesse von Freunden und flüchtigen Bekannten an ihrem Hotel "Umsonst", und wie wichtig das Wörtchen nein ist. Als Bundesbürger mag man gar nicht glauben, dass die französische Bürokratie mindestens genauso effizient wie die deutsche ist, Beispiel Haus- und Autokauf. Um die Handwerker doch noch vorm Weihnachtsfest zum Abschluss der Bauarbeiten zu bewegen, hat Frau Mayle eine geniale Idee, die ich hier nicht verrate. Lest es selbst!

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Samstag, 7. Juli 2007
Bruce Springsteen - in concert
Heute, am Samstag, wurde ich grausam gefoltert mit lauter, für mich unerträglicher Schlagermusik aus den Wohnungen über und unter mir. Wenigstens für 114 Minuten schlug ich erbarmungslos zurück.

Im letzten Jahr hatte ich alle Queen-CDs, die ich besaß rauf- und runtergespielt. In diesem nun habe ich Bruce Springsteen für mich wieder entdeckt. Ich hatte Euch ja erzählt, dass eine meiner bevorzugten Musikrichtungen der Soul ist. Den ersten Titel, den ich damals vom Podsafe Music Network spielte, war „Wrong again“ von Louise Setara. Inzwischen spiele ich in meinen Podcastepisoden keine Songs mehr, weil podsafe in Amerika nicht gleichzeitig podsafe in Deutschland bedeutet, trotz des Internets. Aber die CD „Still Waters“, von der der Song stammte, mag ich noch immer. Ab und zu höre ich sie mir an von „Love me still“ bis „Ain’t gonna let you break me heart again“. Ein anderer schöner Titel ist „If I should fall“ („Wenn ich fallen sollte“). Das ist ein alter Bruce-Springsteen-Song, und dort heißt er „If I should fall behind“ („Falls ich zurückbleiben sollte“). Die Coverversion klingt gut, aber die schönste Version singt Bruce Springsteen himself.
I'll wait for you
And should I fall behind
Wait for me.
("Ich warte auf dich, und falls ich zurückbleiben sollte, warte auf mich.") Zwischen Liebenden sollte das eigentlich die normalste Sache der Welt sein, und keiner besonderen Erwähnung bedürfen. Es sei denn, einer von den beiden heißt Bruce Springsteen und macht daraus ein schönes Liebeslied. Wenn man dann schon mal die DVD eingelegt hat, dann kann man sich natürlich gleich alles ansehen und –hören.

Zu den Zeiten, als ich noch MTV schaute, gab es dort die Sendereihe „unplugged“. Die DVD enthält einen Mitschnitt von einem Konzert aus dem Jahr 1992. Sie ist ein gelungener Mix aus schnellen und langsamen Titeln. Mein alter Chef zu DDR-Zeiten erklärte nach einem Springsteen-Konzert im Fernsehen, er fände solche kraftvolle Musik furchtbar. Nun, das war sein Problem. Mit einem bedeutungsschwangeren Leonard Cohen kann ich nichts anfangen. Der ist was für Selbstmörder, hatte ich meiner Freundin erläutert. Ich hingegen liebe optimistischen Rock and Roll noch immer.

So gibt es dann bei „Man’s Job“ kein Halten mehr. Ich tanze mit dem Mop, dem Staubtuch oder, was auch immer ich gerade in der Hand halte, singend durch die Wohnung. Wenn jemand, wie Bruce Springsteen für laute, schnelle Töne bekannt ist, sind die leiseren meist besonders eindrucksvoll. So auch in diesem Konzert. Ausnehmend schön finde ich „My beautiful reward“ und natürlich „I wish I where blind“. Der Song ist einfach nur traurig, so wie ich es jetzt auch noch der neuerlichen Diagnose Krebs oft bin. Aber zwischen traurig oder deprimiert sein liegen Welten. I wish I where blind, so weit würde ich dann doch nicht gehen wollen. Manchmal hilft ja schon die Brille abzusetzen.

Meine Nachbarn werden sich auch weiterhin damit abfinden müssen, dass ich Rockmusik höre, und dann natürlich laut. Entweder ernähre ich mich von den CDs oder DVDs, die ich habe, oder ich lade mir Songs aus dem Internet. Mich nerven die größten Hits der x-ziger genauso wie die penetrant gut gelaunten Moderatoren im Rundfunk. Nehmen die Drogen? Ich möchte Musik hören und nicht vollgequasselt werden. Meine Toleranz gegen Werbung im Radio oder Fernsehen geht gegen Null.

Jetzt, wo ich werktags mit dem Taxi nach Greifswald gefahren werde, höre ich wieder Radio. Mein Fahrer möchte wissen, wo die Blitzer stehen. Am übrigen Programm hat sich nichts geändert. Es ist immer noch der gleiche Einheitsbrei, wie zu dem Zeitpunkt, da ich aufgehört habe, Radio zu hören. Auch zu diesem Problem hat Bruce Springsteen den passenden Song parat: „57 channels and nothin’ on“.

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Samstag, 12. Mai 2007
Nordlichter im Nordkurier
Gerade an dem Samstag, an dem ich im Krankenhaus lag, erschien in meiner Lokalzeitung unter dem Titel "Schreibend der Angst trotzen" ein Artikel über mich, dieses Weblog und den dazugehörigen Podcast. Ich war die Titelgeschichte im Wochenendkurier. In einem großen Foto mit einem Nordlicht über winterlicher Landschaft war ein kleines Foto mit mir vor dem Notebook sitzend eingefügt. Auf dem Bildschirm des Computers war mein altes Blog zu sehen. Ich kehrte dem Betrachter den Rücken zu.

Norkuriers Kurier am Wochenende vom 12./13 Mai 2007Es war eine meiner Bedingungen fürs Interview gewesen, dass im Bild mein Gesicht nicht zu sehen ist. Ich wollte meinen Namen nicht genannt und kein Link auf meine Webseiten gesetzt wissen. In Zeiten von Big Brother und DSDS sind das gewiss etwas seltsame Wünsche. Wenn man den Medien glauben will, scheint jeder nach 15-Minuten-Ruhm zu gieren. Nun ich nicht, auf diese Art von Aufmerksamkeit kann ich gut verzichten.

Das Interview fand schon im Winter statt. Irgendwann im Dezember im letzten Jahr fischte ich aus dem elektronischen Briefkasten eine Mail, die mit einem Zitat aus meinem eigenen Weblog begann.
Ich will auch nicht ins Fernsehen und möchte mein Konterfei in keiner Zeitung abgebildet sehen.
Der Absender war ein junger Redakteur des Nordkuriers, der, wie er behauptete, mein Blog schon ein Jahr lesen würde, heimlich natürlich und ohne zu kommentieren, wie die meisten meiner Leser oder Zuhörer. Zu diesem Zeitpunkt war ich noch im Besitz meiner Domain "mariont.de" und hatte als Subdomains dieses Weblog, den Podcast, ein Foto-CMS, sowie Reisejournal und Rezeptblog in Deutsch und Englisch zu laufen. Der Redakteur hatte zwei Jahre zuvor über Neubrandenburger Blogger geschrieben und wollte nun mich als weitere Vertreterin dieser Spezies porträtieren.

Die Nordlichter im Nordkurier? Ich blieb skeptisch, denn ich hatte einige unfreundliche Artikel über Kommentare und die Online-Ausgabe dieser Zeitung geschrieben. Dabei hatte ich weder rumgeprollt, noch war ich in wüste Beschimpfungen verfallen. Es ist halt einfach nicht meine Art. Die Lizenz zur Journalistenbeleidigung haben andere. Meine Waffe ist nicht der Vorschlaghammer, der würde mir höchstens auf die Füße fallen. Ich greife lieber zur Gänsefeder. Trotzdem, Medienschelte ist Medienschelte. Ich fragte den Redakteur, ob er wirklich alle meine Einträge gelesen hätte. Er hatte.

Meine Kritik stünde einem Artikel nicht im Wege, und meine Bedingung, Anonymität, akzeptierte er. Wir trafen uns zweimal zum Gespräch, freilich nicht bei mir zu Hause. Gewöhnlich lade ich mir keine fremden Männer in die Wohnung ein. Als Treffpunkt schien mir deshalb Demmins Stadtcafé besser geeignet, wo sich am Vormittag außer uns beiden sogar einige andere Gäste eingefunden hatten. Das Foto von mir ist auch dort entstanden. Ich saß mit dem Notebook etwas bohèmehaft am Cafétisch und trank einen Tee. Wenn der Journalist mir unsympathisch gewesen wäre, oder wir nicht miteinander hätten reden können, wäre dieser Artikel nie erschienen. So aber berichtete ich, wie ich zum Bloggen kam, und welche Möglichkeiten das Internet gerade für mich als chronisch Kranke bietet. Diesen Nordkurier-Artikel gibt es auch im Web, jedoch nur gegen Bezahlung wie alle andern Artikel auch.

In der Chefetage des Nordkuriers ist man noch in der Medienwelt des letzten Jahrhunderts gefangen. Es gibt einen Sender, den Journalisten und einen Empfänger, den Leser. Ich Tarzan, du Jane. Die Vorzüge des Webs insbesondere von Blogs und Podcasts liegen im Dialog mit den Lesern bzw. Hörern. Da sehe ich beim Nordkurier-Online leider völlig schwarz bzw. nur das Eurozeichen. Dort versagt man dem Leser jede Chance zum Interagieren. Es gibt keinen Meinungsaustausch mit den Lesern.

In der Chefetage des Nordkuriers beweist man damit nur eindrucksvoll, wir haben das Internet nicht verstanden. Das gibt mir die einmalige Gelegenheit meinen alten Artikel vom 30. April 2006 zu exhumieren und hier zu verwursten: Der Nordkurier privatisiert das Internet, natürlich nicht das ganze sondern nur sein Onlineangebot. Seit Anfang April 2006 kann man den Nordkurier als PDF-Datei abonnieren. Die HTML-Artikel sind damit, bis auf ein paar auf der Startseite, auch nur noch Abonnenten der Onlineausgabe zugänglich. Seitdem schlugen die Emotionen im sonst eher gemütlich vor sich hindümpelnden als Gästebuch getarnten Forum hoch.

Der Grundtenor lautete tschüss, hier surfen wir nicht wieder vorbei. Der Nordkurier-Online wurde oft von Leuten gelesen, die jetzt in der Ferne arbeiten oder leben und den Kontakt zur alten Heimat nicht verlieren wollten. Sie sind nicht bereit monatlich die 15,90 € für die PDF-Ausgabe und die HTML-Artikel zu zahlen. Als Abonnent des Papierformates müsste ich zusätzlich jeden Monat 2,50 € löhnen. Ich konnte mich knapp beherrschen. Was zum Henker sollte ich mit den PDF-Dateien der letzten 7 Ausgaben? Nützlich wäre für mich allein die Recherchemöglichkeit im Gesamtarchiv und dafür würden auch die HTML-Artikel ausreichen. Ich bräuchte nur den Lokalteil Demmin. Die große weite Welt finde ich auch woanders.

Dabei war es nur konsequent von der Redaktion für die Online-Artikel Geld zu verlangen. Die Ausrichtung meiner Lokalzeitung Nordkurier ist schließlich eindeutig neoliberal. Chefredakteur Dr. Uzulis liest sich in seinen Kommentaren meist wie der Pressesprecher der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, die ja bekanntlich eine PR-Abteilung des Verbandes der Arbeitgeber in der Metallindustrie ist mit einem Jahresbudget von rund neun Millionen Euro. Davon träumt so mancher. Hier wie dort die immer gleichen Parolen vom schlanken Staat, mehr Eigenverantwortung, Privatisierung als Allheilmittel, dem Versprechen der Abbau des Sozialstaates, niedrigere Löhne und längere Arbeitszeiten würden zu mehr Beschäftigung führen und dergleichen neoliberaler Märchen mehr. Beweisen mussten weder Dr. Uzulis noch die INSM je ihre Thesen. Doch leider, auch nach jahrelanger Propagandaarbeit höhlte steter Tropfen nicht jeden Stein. Ich fand es immer wieder amüsant, wenn die Ansichten des Chefredakteurs mit den Kommentaren in den Leserbriefen kollidierten. Die gelebte Wirklichkeit in Meck-Pomm ist eine andere als Dr. Uzulis und die INSM gerne hätten. Erinnert doch ein bisschen an vergangene Zeiten mit Aktueller Kamera und realexistierendem Sozialismus.

Um zu Nordkurier-Online zurückzukommen, für Ihr Angebot werden Sie wenig Käufer finden Herr Chefredakteur! Schon die Startseite ist für mich die Homepage des Grauens. Es flimmert und zappelt nur so von Werbeeinsprengsel. Besonders liebe ich Animationen, die sich quer über die Seite legen und erst mit einem Klick entfernt werden müssen. Ich hatte die Homepage bei Webmasterplan checken lassen, sie war etwa 80,5 KB groß. Hier in dieser Gegend mit hoher Arbeitslosigkeit und geringen Einkommen werden die meisten Surfer noch immer mit analogem Modem unterwegs sein. Mit einem 28.8-kps-Modem dauert das Laden der Homepage 23 Sekunden, mit ISDN immerhin noch über 10 Sekunden. Webmasterplan vergab für diese Zumutung die Schulnote 5. Als erste Maßnahme würde ich nicht den Staat verschlanken sondern die HTML-Datei. Die CSS-Formatierungen und die Javascriptanweisungen gehören in separate Dateien. Dann flögen alle überflüssigen Grafiken raus. Werben kann man ohne nervige Zappelbilder. Google macht es vor. Mit Textwerbung würde die Homepage auch weniger einem orientalischen Basar gleichen. Optisch müsste wir das Ganze natürlich ebenfalls aufpeppen. Der Webauftritt einer Regionalzeitung sollte im positiven unverwechselbar sein. Im Moment ist er nur grauenvoll unverwechselbar.

Da den Suchmaschinen nicht erlaubt ist, den Inhalt der Homepage des Nordkuriers zu speichern, kann er bei Sucheingaben nicht gefunden werden. Wen Google nicht findet, der existiert nicht im Web. Diese Erkenntnis scheint sich in der Redaktion des Nordkuriers noch nicht herumgesprochen zu haben. Ich vermute mal ganz frech, es gibt nur noch einen Bereich mit konstant hohen Besucherzahlen, den Chatroom. Gibt es für mich einen guten Grund auf den Nordkurier online zu hopsen? Keinen mehr, an die HTML-Dateien komme ich ohne Euronen rüberzuschieben nicht mehr heran und das als Abonnent, unfassbar. Um den Online-Auftritt mit Leben zu erfüllen, reicht es nach meiner Auffassung nicht, nur den Text der Zeitungsartikel digital zu übernehmen. Ich bräuchte schon einen Mehrwert gegenüber der papiernen Ausgabe. Aber wer so versessen darauf ist, seine Inhalte zu vermarkten, der bietet natürlich weder ein Archiv noch RSS-Feeds an, ganz zu schweigen von Interviews als Podcasts. Wie wäre es mit einer Kolumne, die nur in der Online-Ausgabe erscheint, oder mit einem neuen Forum, nachdem das alte abgeschaltet wurde? Zu diskutieren hätten wir doch genug, z.B. über die neue Kreisgebietsreform und ihre Folgen.

Die Metadaten in der HTML-Datei versprechen übrigens der "Nordkurier ist die führende Tageszeitung im Osten Mecklenburg-Vorpommerns". Es darf gelacht werden, es gibt hier keine andere Tagesgazette. Ich wäre in dieser Gegend auch führender Blogger, wenn denn außer mir niemand bloggen würde. Nachdem das Gästebuch/Forum monatelang nicht erreichbar war, wurde der Link gleich ganz entfernt. Das alles sind verschenkte Möglichkeiten, um mit den Lesern in Kontakt zu treten. Es ist schade und sehr traurig. Was würde der Redaktion als Lohn für den Dialog winken? Das Vertrauen ihrer Leser vielleicht?

Die vorpommersche Provinz grüßt den Datzeberg.

Podcast11,1 MB

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Samstag, 10. März 2007
Désirée Nick - Was uns unsere Mütter verschwiegen haben
Die freie Enzyklopädie Wikipedia beglückt die Leserschaft am 8. März mit einem exzellenten Artikel über die Hetäre Neaira. Wie passend, wo doch an diesem Datum der Internationale Frauentag ist! Eine Hetäre kann ich natürlich nicht toppen, aber ich kann immerhin mit einer Frau von zweifelhaftem Ruhm kontern.

Désirée Nick ist sowohl für ihr loses Mundwerk als auch ihr markantes Profil berüchtigt. Auf dem Umschlag blickt sie den Betrachter auf zwei Fotos direkt in die Augen, sodass ihr Riechorgan dezent in den Hintergrund tritt. Bei mir würde dieser fotografische Trick nicht verfangen. Egal, von welcher Seite man mich auch immer knipsen würde und selbst aus der Vogelperspektive, meine Nase ist einfach nur groß.

Meine Unbedarftheit in Sachen Superstar-Werbeshows des Senders RTL2 ist schon kriminell zu nennen. Ich habe sowohl BigBrother als auch all die anderen hochwichtigen Sendungen verpasst. Menschenzoos sind einfach nicht mein Ding. Frau Nick hätte man mir aus diesem Grunde als seriöse Autorin eines Frauenratgebers unterjubeln können, wäre da nicht diese Buchhülle.
Das Leben ist ein Dschungel - darum rate ich zu passender Kleidung!
Was Frau Nick für die passende Bekleidung im Dschungel des Lebens hält, zeigt sie auch gleich auf dem Titelbild. Dort trägt sie außer einem wilden Gehänge in den Ohren und einem rosafarbenen Ring an der linken Hand nur eine weiße Fellstola um den Leib. Bei Männermagazinen ist so ein Foto ja durchaus verkaufsfördernd, aber das Buch soll laut Untertitel der Heimtrainer für Frauen in Nöten sein und kein Männerratgeber. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es Frauen in Scharen zum Kauf animiert, wenn sie sehen, Frau Nick hat unter der Fellstola keinen BH an. Also ich hätte als Titelbild doch das Foto eines leichtbekleideten Mannes das der leichtbekleideten Frau Nick vorgezogen. Aber zum Glück muss sich die Leserin außer den beiden Fotos auf den Umschlagseiten keine weiteren von Frau Nick ansehen.

Frau Nick stellt ihrem Ratgeber das überaus kitschige "The man I love" von Gershwin aus dem Jahr 1924 voran. Vermutlich, weil immer noch viele Frauen mit dieser Erwartungshaltung durchs Leben schweben. Das kann nur schiefgehen. Frau Nick versucht ihr Möglichstes diesen Schwestern die Romantik auszutreiben. Ihr Buch hätte weder einen happy Anfang noch ein solches Ende, erklärt sie.
Rosamunde Pilcher und Danielle Steel liefern uns Heldinnen, deren Sehnsüchte prinzipiell jene Erfüllung finden, die in unserem eigenen Leben garantiert ausbleibt.
Nachdem wir mit den perfekten Romanfiguren geschmachtet haben, erwartet uns leider die eigene Realität, die sich von unseren Phantasien eklatant unterscheidet.
Wir müssen aus dem etwas machen, was wir im Alltag vorfinden, denn wir haben nur dieses eine, unperfekte Leben.
Dieses Buch ist aus Désirée Nicks Ratgeberkolumne aus der "Bild am Sonntag" hervorgegangen. Sie widmet es denjenigen, die ihr die eigenen Probleme gebeichtet haben, und außerdem noch einigen Männern.
... allen Männern, die mich enttäuscht, belogen, betrogen, verletzt, missbraucht und verlassen haben. Möge der Herrgott dafür Sorge tragen, dass sie sich auf der nächsten Rolltreppe das Genick brechen!
Gegen so einen frommen Wunsch ist erstmal nichts einzuwenden. Die einzelnen Kapitel des Buches beschließen Leserbriefe, von denen ich kaum glauben mag, dass die echt sind, und Frau Nicks Empfehlungen dazu. Es ist doch wirklich erstaunlich, was sich manche Frauen bieten lassen, nur um nicht allein leben zu müssen! Ich kenne solche Fälle, darauf kann es eigentlich nur eine Antwort geben, nämlich die Tür hinter sich zu schließen und möglichst diesem Mann an den Kopf. Wer die Konsequenz scheut, sollte seinen Mitmenschen dann nicht durch Gejammer nerven. Frau Nick sieht das ähnlich.

Für ihre Tips kann Désirée Nick aus dem Erfahrungsschatz ihres nun fast 47-jährigem Leben schöpfen. Mit dem Gardemaß von 1,83 m war Frau Nick nach Ausbildung im klassischen Ballett doch etwas zu groß geraten. Bevor sie Dschungelkönigin bei RTL2 wurde, hat sie, man glaubt es kaum, für das katholische Lehramt studiert. Die Theologie und Frau Nick haben sich dann getrennt, man passte doch nicht so gut zusammen. Désirée Nick besuchte in London eine Schauspielschule. Ihre Beziehung zu Heinrich Julius von Hannover, von dem sie ihren Sohn hat, wird die einschlägigen Klatschspalten beschäftigt haben.

Frau Nick will die Männer nicht abschaffen. Nach ihrem Rat kaufe sich Frau zu deren Domestizierung am besten ein Buch über Hundeerziehung. Das legt die Übersetzung des englischen Wortes Husband in Haushund nahe. Wenn ich manche Paare beim Einkauf im Supermarkt beobachte, könnte ich auf die Idee kommen, hier wird das Aportieren geübt. Da Désirée Nicks Ratgeber als Geburtshelfer die BamS hat, ist der Stil nicht nur frivol sondern auch ein wenig ordinär. Die Leser haben eine gewisse Erwartung, und die gilt es zu bedienen. Wer hätte bei einer Bildkolumne auch etwas anderes vermutet? Das Buch liest sich stellenweise wie die Aneinanderreihung von Aphorismen. Der beste aller Sinnsprüche ist noch immer:
Frauen täuschen einen Orgasmus vor, Männer simulieren ganze Beziehungen.
Um mein Dasein zu meistern, brauche ich Désirée Nicks Ratgeber nicht. Es war nur beruhigend zu lesen, wie es anderen Frauen ergeht, und wie sie trotzdem überleben. Ich werde dieses Buch an die nächste weiterreichen, die es auch nicht benötigt, weil sie bisher auch ohne Ratgeber zurechtkam, meine Freundin.

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Samstag, 16. September 2006
Der liebevolle Herr Gez und anderer Spam
Letzte Woche bekam ich wieder einmal einen Liebesbrief von einem Herrn Gez aus Köln. Diese Liebesbezeugungen sind recht einseitig. Das würde sich auch nicht ändern, wenn Herr Gez ein hübsches Ganzkörperfoto von sich beilegen würde. Denn er will vor allem eins von mir, Geld und das monatlich. Keine hohen Summen, aber ich denke nicht daran, einen Teil meines Krankengeldes an wildfremde Herren weiterzureichen. Herr Gez fordert mich laufend auf, sich bei ihm zu melden. Und dann? Auf dem Umschlag, den ich ihm zurücksenden soll, steht in der rechten oberen Ecke: Bitte freimachen. Aber Herr Gez, das geht eindeutig zu weit! Diese Aufforderung dürfen höchstens meine Ärzte an mich richten. Seine Briefe unterschreibt Herr Gez immer mit Gebühreneinzugszentrale. Das muss wohl sein Nachname sein. Herr Gez verfolgt mich schon mehrere Jahre. Angeblich müsste ich mindestens 1.000 € Strafe zahlen, wenn ich seinem liebevollen Drängen nicht nachkäme. Ich denke nicht daran! Auch wenn mir Herr Gez mit dem § 263 des StGB-Betrug droht, ich bleibe hart. Ich habe nun überlegt, ob ich nicht meinerseits Herrn Gez wegen Schutzgelderpressung oder Stalking anzeigen soll. Aber Herr Gez schickt mir keine Blumen und ruft auch nie an.

Das tun dafür andere. Das leidige Spamproblem existiert nicht nur bei E-Mails sondern auch am Telefon. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es bekanntlich die höchste Dichte an Callcentern. Mit irgendetwas müssen sich die Damen und Herren dort ja beschäftigen. Callcenter Meck-Pomms vereinigt euch! Aber warum ausgerechnet alle auf meinem Telefonanschluss? Dabei ist die Rechtslage eindeutig. Unerwünschte Telefonwerbung an Privatkunden gilt in Deutschland als unzumutbare Belästigung, und ist laut §7 Abs. 2 und 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb verboten. Im Verkäuferjargon heißt Leuten Dinge aufzuschwatzen, die sie nicht benötigen, Bedarf schaffen. Bedarf versuchen die Telefonverkäufer meistens um die Mittagszeit zu erzeugen. Besonders liebe ich solche Anrufe am Samstagabend, dann bin ich richtig grantig.

Das fällt mir um so leichter, als ich kurz nach der Wende am "Strand der wandelnden Pelzmäntel" bei einem Verkäuferlehrgang auch in Telefonmarketing geschult wurde. Am Timmendorfer Strand sah ich im Gegensatz zu dem, was ich in der DDR gewohnt war, Paare, die einen oder zwei Hunde ausführten und nur ein einziges Pärchen, das einen Kinderwagen schob. Inzwischen haben sich die neuen Bundesländer, was die Anzahl der Hunde und Kinder betrifft, den alten angeglichen. Nur in der Menge der Pelzmäntel haben wir noch Nachholebedarf.

Der Trainer im Telefonverkauf war kein Besserwessi. Zusammen mit der einzigen Lehrerin war er sich auch nicht zu schade abends bei uns Schülern zu sitzen. Die beiden diskutierte mit uns, die wir alle aus den neuen Bundesländern stammten, ob sich die Ideale der Pariser Kommune, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, überhaupt verwirklichen ließen. Die anderen drei Lehrer hatten an uns Ostlern und unserer Geschichte nicht das geringste Interesse. Sie waren nur von einem gefesselt, sich selbst und ihrer Wirkung auf andere. Mir kam dann immer der Vergleich mit den Brötchen in den Sinn, das Ostbrötchen klein aber mit viel Teig, das Westbrötchen groß und aufgeblasen. Der Lehrer im Telefonmarketing verbreitete jedenfalls keine heiße Luft.

Während der Übungsstunde musste der Schüler draußen im Foyer des Hotels sitzen einen Spiegel und ein Telefon vor der Nase. Ein Schüler im Schulungsraum simulierte den Kunden, der per Kaltakquise gewonnen werden sollte. Dummerweise war ich dabei nicht allein. Ein Handwerker machte sich an der Wand rechts von mir zu schaffen. Während ich so vor mich hintelefonierte, warf er mir ab und zu einen besorgten Blick zu, als wollte er Hilfe holen. Bei der Vorstellung, dass gleich ein Wagen vorfahren würde mit kräftigen Insassen, die ein hübsches Kleidungsstück für mich hätten, bekam ich einen Lachkrampf. Natürlich habe ich die Übung geschmissen. Als ich den Schulungsraum betrat, wälzten sich meine Mitschüler erheitert über die Tische, und der Lehrer wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln. Auch wenn ich nun keine Verkäuferin geworden bin, war der kleine Blick hinter die Kulissen des Marketings doch sehr lehrreich.

Was die Telefonwerbung betrifft, fühle ich mich dadurch mehr als belästigt. Ich kann nicht erkennen, wer mich anruft. Haustürgeschäfte scheitern schon unten, wenn ich den Türöffner nicht betätige. Falls es doch jemand bis zu meiner Wohnung schafft, kann ich immer noch durch den Spion spähen. Ich bin nicht verpflichtet, jeden, der klingelt, einzulassen. Jetzt wo ich krank bin, will ich das schon gar nicht. Versicherungsvertreter, die man ja ab und zu mal braucht, suche ich in ihrer Agentur auf, und bestelle sie nicht in meine Wohnung. Mancher ist dann etwas pikiert. Aber es ist mein Zuhause, und ich entscheide, wer eintreten darf und wer nicht. Die leidliche Telefonwerbung abzuwehren, hilft mein Anrufbeantworter. Inzwischen sind meine Leute trainiert genug damit umzugehen und mir Nachrichten zu hinterlassen. Telefonwerber tun das in den seltensten Fällen.

Beim Werbemüll im Briefkasten habe ich ein einfaches Sortierverfahren. Wegen meiner leicht chaotischen Handschrift, stehe ich mit falschgeschriebenem Namen im Telefonbuch. Mein alter Klassenlehrer aus der Penne behauptet immer noch, ich hätte die absolut schlimmste Schrift aller seiner Schüler gehabt. Pure Verleumdung! In diesem Fall aber hilfreich, alle Sendungen mit falschgeschriebenem Namen, die nicht vom Magentariesen kommen, sind Spam und gehen zurück an den Versender. Der Dame von der Telekom habe ich gesagt, ich wünsche keine Korrektur meines Namens im Telefonbuch. Der Filter hätte sich bewährt. Sie fand das cool, und so steht mein Name immer noch falsch im Telefonbuch.

Bleibt der Spam im elektronischen Briefkasten. Trotz Filter kommt noch genug Schrott durch. Von 20 erhaltenen E-Mails ist eine erwünscht. Der Rest sind Angeboten über Beteiligungen an Öl- oder Gasvorkommen, über Aktien mit wahnsinniger Rendite, massenweise Rolexuhren, Versprechen mittels Hormonpräparaten die ewige Jugend zu erlangen, oder multiple Orgasmen, Penisverlängerungen und tonnenweise Viagra. Also alles Sachen derer ein Krebskranker natürlich dringend bedarf. Ach Leute, ich brauche ganz was anderes, verschont mich mit diesem Mist!

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Montag, 14. August 2006
Gothika
Gefühlsmäßig geht es mir inzwischen wieder so gut, dass ich mir am Wochenende einen Gruselfilm anschauen konnte. Nach sehr langer Zeit der erste, bis jetzt hatte meine Krankheit ausreichend Horror zu bieten. Da konnte ich auf weiteren gut verzichten.

Gothika ist ein Horrorthriller und spielt fast die gesamte Zeit im Halbdunkeln. Als Zuschauer habe ich dadurch den Eindruck, nicht alles sehen zu können. Die Atmosphäre wirkt gespenstisch und bedrohlich.

Dr. Miranda Grey, gespielt von Halle Berry, ist eine Psychologin im Frauengefängnis Woodward. Am Beginn des Films sieht man sie in einem Gespräch mit ihrer Patientin Chloe, Penélope Cruz. Doch sie hört ihr nicht richtig zu, und scheint nur ihre vorgefasste Meinung über Chloe bestätigen zu wollen. Chloe berichtet, sie würde vom Teufel vergewaltigt werden. Dieser Teufel ist am Ende nicht von mystischer sondern sehr realer Existenz.

Miranda fährt nach Hause und muss, da eine Straße gesperrt ist, einen Umweg nehmen. An einer Brücke steht plötzlich ein Mädchen mitten auf der Fahrbahn. Miranda weicht aus und fährt in den Graben. Sie will dem Mädchen ihre Hilfe anbieten. Als sie es zu sich herumdreht, geht es plötzlich in Flammen auf.

In der nächsten Einstellung sieht man Miranda in Woodward aber nicht als Ärztin sondern als gefangene Patientin der Einrichtung. Sie findet sich plötzlich auf der anderen Seite wieder. Miranda weiß nicht, wie sie da hingekommen ist, und der Zuschauer ist genauso schlau wie sie selbst. Ihr Kollege Pete Graham, dargestellt von Robert Downey Jr., erzählt ihr, sie würde schon drei Tage hier sein. Sie hätte ihren Mann, den Chef der Gefängnisklinik, auf grausame Weise mit der Axt erschlagen. Miranda kann sich an nichts erinnern.

Chloe sagt Miranda, sie wäre jetzt eine von ihnen. Je mehr sie versuche zu beweisen, dass sie nicht verrückt wäre, um so weniger würde man ihr glauben. Merkwürdige Phänomene häufen sich. An der Zellwand sowie auf einer Wunde auf Mirandas Arm ist zu lesen, not alone. Sie sieht auch das Mädchen von der Brücke wieder. Es stellt sich heraus, dass diese Rachel die Tochter ihres Kollegen Dr. Parson war, die angeblich bei einem Selbstmordversuch ums Leben kam.

Mirandas Zelltür öffnet sich auf unerklärliche Weise. Sie kann sehen, dass Chloe in ihrer Zelle von einem Mann mit Anima-Sola-Tattoo vergewaltigt wird. Wer es ist, kann sie aber nicht erkennen. Chloe erzählt Miranda später, dass sie das nächste Opfer sein würde. Miranda kann aus der Anstalt fliehen. Sie kehrt zur Brücke zurück. Dort sieht sie in einer Vision, wie der Geist Rachels in sie eindringt. Miranda betritt ihr Wohnhaus. Mit der Axt in der Hand erschlägt sie ihren Mann. An der Zimmerwand steht die blutige Inschrift: not alone. Der Geist Rachels verlässt sie. Miranda kommt wieder zu sich auf dem Fußboden kauernd, ein Foto in der Hand und der Frage nach dem Warum.

Auf dem Foto ist Miranda mit ihrem Mann vor einer Farm zu sehen. Sie fährt dorthin. In einem Keller findet sie ein Filmstudio und ein Video. Auf diesem sieht sie zu ihrem großen Entsetzen ihren Mann als Vergewaltiger und Mörder. Inzwischen kommt die Polizei und Miranda wird wieder eingefangen. Dabei wird ein weiteres noch lebendes Opfer entdeckt. Miranda erkennt dass die Inschrift „not alone“ zweierlei bedeutet. Zum einen Rachel war nicht das einzige Opfer, zum andern ihr Mann musste einen Mittäter gehabt haben.

Miranda wird nicht zurück nach Woodward gebracht, sondern in eine Zelle beim Sheriff eingeknastet. Die moderne Frau verlässt sich, wenn ihr ihr Leben lieb ist, nicht darauf, dass ihr der männliche Held rechtzeitig zur Hilfe eilt. Der recherchiert derweil im Internet nach dem Anima-Sola-Tattoo, und das kann dauern. Die Frau von heute rettet sich am besten selbst, und das macht Miranda Halle Berry. Als klar war, dass ihr serienmordender Ehemann einen Komplizen haben musste, stand für mich auch fest, wer dieser war. Dafür kam nur einer in Frage dessen bester Freund der Sheriff. Miranda braucht etwas länger, bis ihr das aufgeht. Aber es gelingt ihr den Unhold zu erschießen. Pete Robert Downey Jr., der erst nach dem Finale eintrifft, bleibt am Ende nur noch zu stammeln, es täte ihm leid. Schöner Held.

Gothika ist kein Knaller aber doch ein spannender Horrorfilm. Ich wünschte nur, der Regisseur hätte auf die Geisterbeschwörung verzichtet. Das hätte mir weitaus besser gefallen.

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Montag, 14. August 2006
Mäuschen als Fotoretuscheur
Meine Freundin besorgte den Wochenendeinkauf diesmal schon am Donnerstag. Sie sagte mir am Telefon, dass sie ihre kleine Tochter mitbringen würde.

Da ich es Mäuschen versprochen hatte, stellte ich meinen Arbeitsplatz für Fotobearbeitung und Retusche auf. Nur den Scanner ließ ich im Regal. Er ist schon ein etwas betagtes Model mit Durchlichtaufsatz für Dias. Weil er seinen Dienst aber immer noch klaglos verrichtet, sehe ich keinen Grund ihn gegen ein jüngeres Teil auszutauschen. Für die Bildbearbeitung nutze ich mein Notebook, eine externe Festplatte und ein kleines druckempfindliches Grafiktablett. Die absolute Schwachstelle ist dabei der Bildschirm des Notebooks. Mit 15 Zoll ist er recht klein und hat obendrein einen Farbstich. Ein warmer Fliederton wird so schon mal zum kalten Türkis. Eine Bildbearbeitung ist damit schlicht unmöglich.

Meine letzte Anschaffung war deshalb ein 19-Zoll-Flachbildschirm, geordert bei einem Onlinehändler. Gewöhnlich mache ich so was nicht, Monitore kaufen, ohne sie zu begucken. Durch meine Krankheit bin ich aber zu keiner Einkaufstour in der Lage. Zudem vergibt der Gerätehersteller 5 Jahre Garantie. Der Monitor ist schlicht fantastisch. Lautsprecher hat er keine. Wozu auch? Für schnelle Ballerspiele ist er überhaupt nicht für die Bildbearbeitung jedoch sehr gut zu gebrachen. Dieser Bildschirm ist damit genau das, was ich benötige.

Der gutaussehende Mann, der dort auf dem Monitor zu sehen ist, das ist mein Onkel in sehr jungen Jahren. Seine einstige dunkle Haarpracht ist inzwischen längst dahin. Nur zwischen den Ohren spannt sich noch ein dichter, grauer Haarkranz. Das gab meiner Tante die Gelegenheit zum entscheidenden Schlag auszuholen. Sie verkündete, Männer mit Stirnglatze wären große Denker und solche mit einem Knie am Hinterkopf große Liebhaber. Männer jedoch mit Glatze an Stirn und Hinterkopf dächten nur, dass sie große Liebhaber wären. Mein Onkel, sonst nicht um freche Sprüche verlegen, lächelte sehr gequält.

Mäuschen als Fotoretuscheur

Auf dem Foto ist Mäuschen gerade dabei sein Antlitz mit Krakeln zu verzieren. Wenn sie mich computern sieht, will sie immer ganz genau wissen, was ich da mache. Ich versuche es ihr dann zu erklären. Irgendwoher muss der EDV-Nachwuchs ja kommen. In den Medien wurde vor kurzem beklagt, dass sich so wenig Frauen für technische Berufe entscheiden würden. Wen wundert das? Das Fernsehen quillt doch geradezu über vor Arzt-, Anwalts- und Polizistenserien. Zumindest diese Bereiche sollten keine Probleme mit weiblichem Nachwuchs haben. Habt Ihr schon einmal einen Film gesehen, meine Lieben, indem die Arbeit eines Ingenieur als so interessant dargestellt wird, dass Ihr sofort ein Technikstudium aufnehmen wolltet? Ich nicht, der Ingenieur im Film ist doch eher verhaltensgestört oder hat zumindest einen Sprung in der Schüssel. Der Ingenieur hat's schwör.

Noch schwörer hat man es nur als in der EDV Beschäftigter. Falls so ein Exemplar in einem Film auftauchen solltet, könnt Ihr sicher sein, meine Lieben, Ihr habt hier den psychopathischen Mörder, Entführer, Stalker oder anderwertigen Unsympath vor Euch. Welche Frau möchte sich da noch freudig auf ein Studium der Informatik stürzen? Im realen Leben ist das nicht anders. Es gab doch tatsächlich Kolleginnen, die von mir verlangten, ich sollte aufhören mich mit Computer zu beschäftigen, das wäre unweiblich. Hat mich das vom PC abgehalten? Nicht die Bohne, was weiblich ist und was nicht, entscheide immer noch ich selbst. Ihr wäret dumm, Mädchen, wenn Ihr Euch wegen solcher Machosprüche von der Technik fernhalten würdet.

Ich kann hier nur für die Gilde der Systemadministratoren sprechen. Die Tätigkeit ist interessant und abwechslungsreich. Natürlich gibt es auch jemand, der den Hut aufhat und letztendlich entscheidet. Aber trotzdem genieße ich in meinem Bereich relative Freiheit. In einem streng hierarchischen System, in dem alles bis ins kleinste reglementiert und kontrolliert würde, könnte ich nicht tätig sein. Da würde ich ersticken. Wie im technischen Bereich üblich, arbeitet man meistens mit Männern zusammen. Die haben aber auch gerne Frauen als Kolleginnen und erwarten von Euch nicht, dass Ihr zum Mann mutiert. Wenn ich ganz ehrlich sein soll, arbeite ich lieber mit Männern zusammen. Es gibt keinen Zickenkrieg, und keiner versucht den anderen auszustechen. Man kann sich auf die fachlichen Probleme konzentrieren. Meine Kollegen aber auch Kolleginnen im EDV-Bereich sind zuverlässige und humorvolle Leute. Dass wir uns nur von Cola und Pizza ernähren, ist ein Gerücht. Wir essen auch chinesisch.

Aber ich schweife ab, hier geht es ja um die Fotoretusche und Bildbearbeitung. Als Anleitung habe ich das Buch der Amerikanerin Katrin Eismann „Photoshop – Retusche und Restaurierung“. Sie ist die beste Lehrerin, die man auf diesem Gebiet haben kann. Allerdings benutze ich nicht Photoshop sondern das freie Programm „The GIMP“ inzwischen in der Version 2.2.12. Seit ich mich ernsthafter mit der Bildbearbeitung beschäftige, weiß ich den Vorteil von Ebenen zu schätzen. GIMP hat da leider nicht so viele Möglichkeiten wie das Profiprogramm. Dann muss ich andere Wege gehen. Zur Verwaltung meiner Bilder verwende ich ThumbPlus. Damit lassen sich die Fotos verschlagworten und auch Duplikate finden.
Für meine Projekte verwende ich grundsätzlich drei Verzeichnisse. Ins erste kommen die Originalfotografien, die nicht mehr angefasst werden, ins zweite die Arbeitsdateien und ins dritte die fertigen Bilder. Diese Einteilung hat sich bewährt.

Meine Fotos archiviere ich auf der externen Festplatte, Sicherungen brenne ich auf DVD. Allerdings bin ich dabei nicht so konsequent wie im Beruf. Deshalb habe ich nach einem Festplattencrash schon mal Bilder, die ich natürlich nicht gesichert hatte, unwiederbringlich verloren. Selber schuld.

Meine Fotos nehme ich mit meinen beiden Digitalkameras auf. Die meisten glauben ja je mehr Pixel so eine Kamera hätte, um so besser wäre sie. Das wichtigste an der Kamera ist aber das Objektiv. Wenn das nichts taugt, nützen mir auch viele Megapixel nichts. Meine kleine Kamera schleppe ich immer mit mir herum. Nur ins Krankenhaus habe ich sie nie mitgenommen. Was sollte ich da auch fotografieren? Die andere Kamera ist eine digitale Spiegelreflex. Ich hoffe, dass ich bald wieder körperlich so fit bin, dass ich damit auf Fotosafari gehen kann. Im Moment kann davon leider keine Rede sein.

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Mittwoch, 5. Juli 2006
Annik Rubens - Podcasting
Es ist etwas winzig, das Buch zum Audiobloggen, wie der Untertitel lautet. Handlich genug, um bei den eigenen Versuchen neben der Tastatur zu liegen. Annik Rubens Buch richtet sich zuerst einmal an Einsteiger in die Podcastszene. Sie erklärt, was Podcasts sind, wie man sie hört und eigene produziert.

Von den vorgestellten Podcastern war mir bis auf Annik selbst nur Nicole Simon und Kilian bekannt. Annik und ihr Podcast "Schlaflos in München" werden immer erwähnt, wenn es um Audiobloggen geht. Nicole kenne ich aus einem Schlagabtausch mit Don Alphonso bei Blogbar. Kilian verwendet dieselbe Software wie ich nämlich Loudblog. Abonniert habe ich die Feeds von keinem der drei sondern bis jetzt von der Pisapolizei, meinem Lieblingsnetzmagazin Phlow und von dem Kontrabass, der selten allein spielt.

Annik empfiehlt iTunes zum Hören der Podcasts zu verwenden. Da ich gerade eine neue Version des QuickTime Players heruntergeladen hatte, in dem dieses Programm enthalten ist, habe ich es auch gleich installiert. iTunes ist als Podcatcher sehr angenehm, so habe ich alles hübsch getrennt. Für die Feeds der Weblogs verwende ich Feedbuster und für die Pod- und Videocasts iTunes. Weil ich schon mal dabei war, habe ich ein iTunes-Konto angelegt und meinen eigenen Podcast angemeldet. Annik erklärt iTunes zum Podcastverzeichnis Nummer 1. Wenn ich meine Logdateien betrachte, scheint das zu stimmen. Die meist aufgerufene Datei ist podcast.php und die Zugriffe haben sich seitdem erhöht.

Dabei ist mein Podcast über meine Krebserkrankung und ihre Folgen doch eher ein Nischenprodukt. Auf eine riesige Hörerschaft werde ich nicht kommen. Ich gehe mit meinem Audioblog einmal pro Woche online, nachdem der Artikel unter der Kategorie "Gegen den Krebs" hier in Nordlichter erschienen ist entweder noch am selben Abend oder einen Tag später. Zum Abendpodcaster wurde ich durch meine beiden Sittiche, auf deren Kommentare ich gern verzichten wollte. Damit war auch der Titel für meinen Podcast klar, Nachtgedanken. Das passende Template "Amsterdam Nights" fand sich auch.

Zum Podcasten verwende ich ganz einfach ein USB-Headset von Pearl. Das dem Notebook beiliegende Headset war dafür ungeeignet. Annik stellt als Grundausstattung Mischpult, Composer, Mikrophon und Kopfhörer vor. Aber so weit wollte ich nicht gehen. Ich brauche kein Tonstudio. Außerdem wusste ich nicht, als ich mit dem Podcasten anfing, ob ich auch dabeibleiben würde. Die letzte Folge "Rückschläge" ist die Nummer 54. Natürlich werde ich auch weiter audiobloggen. Inzwischen klebe ich auch nicht mehr so am Text wie am Anfang. Das war viel zu monoton vom Blatt gelesen. Ich habe mich freigesprochen und nun merkt man auch ganz genau, wie es mir während der Aufnahme ging, ob gut oder schlecht.

So kann ich mich inzwischen mehr der Qualität der Aufnahmen widmen. Mein größtes Problem sind im Moment die S- und Sch-Laute. Ich weiß, dass dagegen De-Esser helfen. Der von Annik vorgestellte Audioeditor Audacity hat so einen Effektfilter, bloß leider geht sie auf dessen Handhabung nicht näher ein, sondern beschränkt sich auf den Kompressor und die Rauschentfernung. Da Audacity ein unter Podcastern weitverbreitetes Programm ist, hätte ich mir dazu mehr Informationen gewünscht. Das erscheint mir etwas dürftig.

Annik zeigt auch, wie man seine Podcasts am besten benennt und die ID3-Tags beschriftet. Na gut, jetzt würde ich andere Namen wählen. Als ich anfing, wusste ich es nicht besser. Inzwischen habe ich alle Folgen mit Nummern versehen und auch das Logo für das Cover unter iTunes angefügt. Die ID3-Tags vergibt die von mir verwendete Software Loudblog jetzt automatisch. Das einzige was mir noch bleibt, ist die Folgennummer anzugeben.

Annik gibt in ihrem Buch noch viele Tips, die es auszuprobieren gilt. Aber inzwischen haben wir ja alle keine Chance mehr, denn die Frau Bundeskanzlerin ist unter die Videoblogger gegangen. Warum es nun ausgerechnet ein Videoblog sein musste, wenn auch ein Audioblog gereicht hätte, wissen wahrscheinlich nur ihre PR-Berater. Frau Merkel gewinnt nicht unbedingt dadurch, wenn ich ihr beim Reden auch noch zugucken muss. Das wirkt noch viel steifer als die Vorlese allein. Das üben wir noch ein bisschen Frau Bundeskanzlerin!

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