Nordlichter
Kopf
Bruce Springsteen - in concert
Heute, am Samstag, wurde ich grausam gefoltert mit lauter, für mich unerträglicher Schlagermusik aus den Wohnungen über und unter mir. Wenigstens für 114 Minuten schlug ich erbarmungslos zurück.

Im letzten Jahr hatte ich alle Queen-CDs, die ich besaß rauf- und runtergespielt. In diesem nun habe ich Bruce Springsteen für mich wieder entdeckt. Ich hatte Euch ja erzählt, dass eine meiner bevorzugten Musikrichtungen der Soul ist. Den ersten Titel, den ich damals vom Podsafe Music Network spielte, war „Wrong again“ von Louise Setara. Inzwischen spiele ich in meinen Podcastepisoden keine Songs mehr, weil podsafe in Amerika nicht gleichzeitig podsafe in Deutschland bedeutet, trotz des Internets. Aber die CD „Still Waters“, von der der Song stammte, mag ich noch immer. Ab und zu höre ich sie mir an von „Love me still“ bis „Ain’t gonna let you break me heart again“. Ein anderer schöner Titel ist „If I should fall“ („Wenn ich fallen sollte“). Das ist ein alter Bruce-Springsteen-Song, und dort heißt er „If I should fall behind“ („Falls ich zurückbleiben sollte“). Die Coverversion klingt gut, aber die schönste Version singt Bruce Springsteen himself.
I'll wait for you
And should I fall behind
Wait for me.
("Ich warte auf dich, und falls ich zurückbleiben sollte, warte auf mich.") Zwischen Liebenden sollte das eigentlich die normalste Sache der Welt sein, und keiner besonderen Erwähnung bedürfen. Es sei denn, einer von den beiden heißt Bruce Springsteen und macht daraus ein schönes Liebeslied. Wenn man dann schon mal die DVD eingelegt hat, dann kann man sich natürlich gleich alles ansehen und –hören.

Zu den Zeiten, als ich noch MTV schaute, gab es dort die Sendereihe „unplugged“. Die DVD enthält einen Mitschnitt von einem Konzert aus dem Jahr 1992. Sie ist ein gelungener Mix aus schnellen und langsamen Titeln. Mein alter Chef zu DDR-Zeiten erklärte nach einem Springsteen-Konzert im Fernsehen, er fände solche kraftvolle Musik furchtbar. Nun, das war sein Problem. Mit einem bedeutungsschwangeren Leonard Cohen kann ich nichts anfangen. Der ist was für Selbstmörder, hatte ich meiner Freundin erläutert. Ich hingegen liebe optimistischen Rock and Roll noch immer.

So gibt es dann bei „Man’s Job“ kein Halten mehr. Ich tanze mit dem Mop, dem Staubtuch oder, was auch immer ich gerade in der Hand halte, singend durch die Wohnung. Wenn jemand, wie Bruce Springsteen für laute, schnelle Töne bekannt ist, sind die leiseren meist besonders eindrucksvoll. So auch in diesem Konzert. Ausnehmend schön finde ich „My beautiful reward“ und natürlich „I wish I where blind“. Der Song ist einfach nur traurig, so wie ich es jetzt auch noch der neuerlichen Diagnose Krebs oft bin. Aber zwischen traurig oder deprimiert sein liegen Welten. I wish I where blind, so weit würde ich dann doch nicht gehen wollen. Manchmal hilft ja schon die Brille abzusetzen.

Meine Nachbarn werden sich auch weiterhin damit abfinden müssen, dass ich Rockmusik höre, und dann natürlich laut. Entweder ernähre ich mich von den CDs oder DVDs, die ich habe, oder ich lade mir Songs aus dem Internet. Mich nerven die größten Hits der x-ziger genauso wie die penetrant gut gelaunten Moderatoren im Rundfunk. Nehmen die Drogen? Ich möchte Musik hören und nicht vollgequasselt werden. Meine Toleranz gegen Werbung im Radio oder Fernsehen geht gegen Null.

Jetzt, wo ich werktags mit dem Taxi nach Greifswald gefahren werde, höre ich wieder Radio. Mein Fahrer möchte wissen, wo die Blitzer stehen. Am übrigen Programm hat sich nichts geändert. Es ist immer noch der gleiche Einheitsbrei, wie zu dem Zeitpunkt, da ich aufgehört habe, Radio zu hören. Auch zu diesem Problem hat Bruce Springsteen den passenden Song parat: „57 channels and nothin’ on“.