Von Wodarg ins Mittelalter
Freitag, 29. Oktober 2004, Kategorie: 'unterwegs'
Es stimmt der Landkreis Demmin mit all seinen kleinen Städten und Dörfern ist heute tiefste vorpommersche Provinz und im vereinigten Deutschland völlig unbedeutend. Aber das war nicht immer so.
Bei den Vorbereitungen zum Bau der Autobahn A20 durch unser Land haben die Archäologen so einiges Interessantes aufgespürt. Die spektakulärste Entdeckung war dabei der Rest einer abgebrannten hölzernen Raubritterburg bei Wodarg im Juli 2003. In meiner Regionalzeitung war zu lesen, man könne die Ausgrabungsstätte an einem Mittwoch für ganze zwei Stunden besichtigen. Günstigerweise hatte ich gerade Urlaub und war dabei meine Wohnung zu renovieren. Ich war recht froh die Arbeit unterbrechen zu können. Also den Farbtopf und den Pinsel in die Ecke gestellt und nichts wie hin!
Meine Fahrt führte mich vorbei an der Burg Klempenow durch das Dorf Kölln. Hier gab es eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 10 km/h, außerdem zeigte ein Schild Unebenheiten in der Fahrbahn an. Ich weiß nicht, wie es in anderen Ländern ist, aber in Meck-Pomm solltet Ihr diese Warnungen unbedingt ernst nehmen, sonst ist ein doppelter Achsenbruch garantiert. Wer hier über die Dörfer fahren will, hat besser kein tiefergelegtes Auto. Es ist nicht gerade einfach, die Wahnsinnsgeschwindigkeit von 10 km/h zu halten. Ich fuhr und fuhr aber ein vermutetes Schlagloch konnte ich nicht entdecken. Natürlich hatte ich auch die Sonne von vorn. Als ich die Gefahr erkannte, war ich schon aufgeschlagen. Es knallte dermaßen, dass ich befürchtete mein Auto könnte alle seine Innereien verlieren. Kein Schlagloch, es war eine uralte Straße, die ich überquert hatte, an den Rändern tiefergelegt und in der Mitte eine hohe Wölbung. Jedenfalls wirkte sie wie eine Sprungschanze. Als ich mich ihr näherte, sah sie flach aus. Der Meister in meiner Autowerkstatt beruhigte mich aber später, der Haken fürs Abschleppseil hatte den Aufprall abgefangen.
Da mein Auto nicht auseinander fiel, fuhr ich erst einmal weiter. Schließlich hatte ich das Ortsausgangsschild Wodarg schon hinter mir gelassen, aber eine archäologische Ausgrabungsstätte kam nicht in Sicht. Am Feldrand stand ein Auto und ich stellte meins dahinter. Ich stieg aus und fragte den Fahrer, einen netten älteren Herren, ob er wisse, wo die Raubritterburg zu besichtigen wäre. Er sagte, er wolle da auch hin, und wahrscheinlich sei es links im Dorf. Er fuhr vorneweg und ich folgte ihm. Die Ausgrabungsstätte war hinter den Rieselfeldern, wer hätte das gedacht!
Es hatten sich schon eine Menge Leute versammelt. Unter ihnen ragte wie ein Leuchtturm Dr. de Rijk hervor. Ich hatte ihn im Fernsehen gesehen, er ist einer der Archäologen. Ich nahm meine Kamera zur Hand und war verwundert. Die präsenten Fotografen scharrten sich nicht etwa um das Ausgrabungsfeld, sondern nahmen die Anwesenden aufs Korn und stellten sich mir damit voll ins Sichtfeld. Dann erst entdeckte ich den Landrat. Die Fotografen umschwärmten ihn, um ihn von allen Seiten zu beknipsen. Einige nahmen mir immer noch die Sicht. Das alles erinnerte ein bisschen an die Ankunft eines Rockstars oder bekannten Filmschauspieler, nur dass hier zum Glück niemand kreischte. Ich konnte immer noch nicht fotografieren. Hätte ich einer Dame nicht gesagt, sie möge endlich beiseite treten, wäre ich nie zu einem Bild gekommen.
Dr. de Rijk bestätigte inzwischen dem Landrat, dass er die Entdeckung der Raubritterburg aus dem 14. Jahrhundert als bedeutend einstufe. Es wäre ein seltener Glücksfall. Wer der Ritter war, und ob er beim Brand umgekommen ist, ist nicht bekannt. Gefunden wurde nicht der Raubritter selber sondern ein Pferde- und ein Hundekopf, Pfeilspitzen, Messer und Sporen. Die 60x90 m große Fundstätte sieht nicht sehr spektakulär aus. Ihr könnt nur einige offenbar verkohlte Holzbalken aus Eiche in morastigem Grund erkennen. Mitten hindurch führt eine Abwasserleitung. Ein Herr neben mir erklärte die Rohre seien etwa 1978 gelegt worden. Dabei hätten sie zwei Balken ausgebuddelt. Warum der Fund nicht gemeldet wurde, wisse er nicht, entweder aus Unkenntnis oder aus Absicht, denn das Projekt Abwasserleitung wäre sicher gestoppt worden.
Oberhalb der Grube war ein weiteres Ausgrabungsfeld, ein slawisches Dorf aus dem 12. Jahrhundert. Dort war nur an der Farbe des Sandes zu erkennen, wo einmal die Hütten standen. Ein Archäologe zeigte den Interessierten, wo die Vorratsgrube gewesen ist und Tonscherben und Knochen, die hier gefunden wurden. Anhand der Scherben konnten sie nachweisen, dass in dem Dorf slawische und deutsche Siedler zusammengelebt hätten. Die Keramik der Slawen war gröber. Die Tonscherben der deutschen Siedler waren dünnwandiger und schwarz, mit höherer Temperatur gebrannt. Den großen Knochen hätten sie noch nicht zuordnen können. Wir einigten uns auf Tyrannosaurus Rex. Der Archäologe erzählte auch, das dort, wo unsere Autos standen, Funde aus der Bronzezeit erwartet würden. Der Bau der Autobahn wäre ein einmaliger Glücksfall, gewöhnlich würden sie aber die Funde nicht bekannt geben, und natürlich würden sie Wachen aufstellen. Die Grabräuber wären schließlich überall!
Bei den Vorbereitungen zum Bau der Autobahn A20 durch unser Land haben die Archäologen so einiges Interessantes aufgespürt. Die spektakulärste Entdeckung war dabei der Rest einer abgebrannten hölzernen Raubritterburg bei Wodarg im Juli 2003. In meiner Regionalzeitung war zu lesen, man könne die Ausgrabungsstätte an einem Mittwoch für ganze zwei Stunden besichtigen. Günstigerweise hatte ich gerade Urlaub und war dabei meine Wohnung zu renovieren. Ich war recht froh die Arbeit unterbrechen zu können. Also den Farbtopf und den Pinsel in die Ecke gestellt und nichts wie hin!
Meine Fahrt führte mich vorbei an der Burg Klempenow durch das Dorf Kölln. Hier gab es eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 10 km/h, außerdem zeigte ein Schild Unebenheiten in der Fahrbahn an. Ich weiß nicht, wie es in anderen Ländern ist, aber in Meck-Pomm solltet Ihr diese Warnungen unbedingt ernst nehmen, sonst ist ein doppelter Achsenbruch garantiert. Wer hier über die Dörfer fahren will, hat besser kein tiefergelegtes Auto. Es ist nicht gerade einfach, die Wahnsinnsgeschwindigkeit von 10 km/h zu halten. Ich fuhr und fuhr aber ein vermutetes Schlagloch konnte ich nicht entdecken. Natürlich hatte ich auch die Sonne von vorn. Als ich die Gefahr erkannte, war ich schon aufgeschlagen. Es knallte dermaßen, dass ich befürchtete mein Auto könnte alle seine Innereien verlieren. Kein Schlagloch, es war eine uralte Straße, die ich überquert hatte, an den Rändern tiefergelegt und in der Mitte eine hohe Wölbung. Jedenfalls wirkte sie wie eine Sprungschanze. Als ich mich ihr näherte, sah sie flach aus. Der Meister in meiner Autowerkstatt beruhigte mich aber später, der Haken fürs Abschleppseil hatte den Aufprall abgefangen.
Da mein Auto nicht auseinander fiel, fuhr ich erst einmal weiter. Schließlich hatte ich das Ortsausgangsschild Wodarg schon hinter mir gelassen, aber eine archäologische Ausgrabungsstätte kam nicht in Sicht. Am Feldrand stand ein Auto und ich stellte meins dahinter. Ich stieg aus und fragte den Fahrer, einen netten älteren Herren, ob er wisse, wo die Raubritterburg zu besichtigen wäre. Er sagte, er wolle da auch hin, und wahrscheinlich sei es links im Dorf. Er fuhr vorneweg und ich folgte ihm. Die Ausgrabungsstätte war hinter den Rieselfeldern, wer hätte das gedacht!
Es hatten sich schon eine Menge Leute versammelt. Unter ihnen ragte wie ein Leuchtturm Dr. de Rijk hervor. Ich hatte ihn im Fernsehen gesehen, er ist einer der Archäologen. Ich nahm meine Kamera zur Hand und war verwundert. Die präsenten Fotografen scharrten sich nicht etwa um das Ausgrabungsfeld, sondern nahmen die Anwesenden aufs Korn und stellten sich mir damit voll ins Sichtfeld. Dann erst entdeckte ich den Landrat. Die Fotografen umschwärmten ihn, um ihn von allen Seiten zu beknipsen. Einige nahmen mir immer noch die Sicht. Das alles erinnerte ein bisschen an die Ankunft eines Rockstars oder bekannten Filmschauspieler, nur dass hier zum Glück niemand kreischte. Ich konnte immer noch nicht fotografieren. Hätte ich einer Dame nicht gesagt, sie möge endlich beiseite treten, wäre ich nie zu einem Bild gekommen.
Dr. de Rijk bestätigte inzwischen dem Landrat, dass er die Entdeckung der Raubritterburg aus dem 14. Jahrhundert als bedeutend einstufe. Es wäre ein seltener Glücksfall. Wer der Ritter war, und ob er beim Brand umgekommen ist, ist nicht bekannt. Gefunden wurde nicht der Raubritter selber sondern ein Pferde- und ein Hundekopf, Pfeilspitzen, Messer und Sporen. Die 60x90 m große Fundstätte sieht nicht sehr spektakulär aus. Ihr könnt nur einige offenbar verkohlte Holzbalken aus Eiche in morastigem Grund erkennen. Mitten hindurch führt eine Abwasserleitung. Ein Herr neben mir erklärte die Rohre seien etwa 1978 gelegt worden. Dabei hätten sie zwei Balken ausgebuddelt. Warum der Fund nicht gemeldet wurde, wisse er nicht, entweder aus Unkenntnis oder aus Absicht, denn das Projekt Abwasserleitung wäre sicher gestoppt worden.
Oberhalb der Grube war ein weiteres Ausgrabungsfeld, ein slawisches Dorf aus dem 12. Jahrhundert. Dort war nur an der Farbe des Sandes zu erkennen, wo einmal die Hütten standen. Ein Archäologe zeigte den Interessierten, wo die Vorratsgrube gewesen ist und Tonscherben und Knochen, die hier gefunden wurden. Anhand der Scherben konnten sie nachweisen, dass in dem Dorf slawische und deutsche Siedler zusammengelebt hätten. Die Keramik der Slawen war gröber. Die Tonscherben der deutschen Siedler waren dünnwandiger und schwarz, mit höherer Temperatur gebrannt. Den großen Knochen hätten sie noch nicht zuordnen können. Wir einigten uns auf Tyrannosaurus Rex. Der Archäologe erzählte auch, das dort, wo unsere Autos standen, Funde aus der Bronzezeit erwartet würden. Der Bau der Autobahn wäre ein einmaliger Glücksfall, gewöhnlich würden sie aber die Funde nicht bekannt geben, und natürlich würden sie Wachen aufstellen. Die Grabräuber wären schließlich überall!