Nordlichter
Kopf
Montag, 25. Juli 2005
Draußen
Heute ist mein Geburtstag, und heute wurde ich aus dem Krankenhaus entlassen nach 21 Tagen davon 11 auf der Intensivstation.

Vor dem Frühstück hatte ich noch eine Untersuchung zu absolvieren, das Röntgen meines stillgelegten Darmabschnittes. Die Schwester sagte mir, ich solle mich fertig machen. Sie erwartete von mir, dass ich selbständig vom dritten Stock ins Erdgeschoss fahre und dann zum Untersuchungsraum gehe. Nur gesagt hat sie es mir nicht. Bisher bin ich zu den Untersuchungen immer gefahren worden, entweder im Bett oder im Patientenstuhl. Diesmal musste ich selbst laufen. Die Schwester rannte vorneweg und ich hinterdrein. Ich hatte das Gefühl, ich sollte wieder einen neuen Krankenhausrekord aufstellen, diesmal im Patientensprint. Sie trieb mich zur Eile an, ich solle nicht stehen bleiben. Dabei war die Hast völlig unnötig. Im Röntgenraum war man noch gar nicht so weit.

Der Röntgenarzt war sehr nett. Er gratulierte mir erst zum Geburtstag, und verpasst mir dann einen Einlauf mit dem Kontrastmittel. Mein Bauch wurde mehrfach geröntgt. Der Arzt sagte mir zum Schluss, die Naht würde gut aussehen. Na wenigstens eine positive Nachricht. Abgeholt vom Röntgenraum hat mich eine andere Schwester. Sie passte sich meinem Tempo an und hatte mich auch untergehakt beim Gehen.

Kaum auf Station angekommen, war auch schon die Mitarbeiterin des Sanitätshauses da. Wir verzogen uns ins Bad. Für den Wechsel muss ich vorm Spiegel stehen. Ich schaffte es gerade die alte Platte mit dem Beutel abzureißen, und sie das Stoma auszumessen. Dann begann ich zu schwächeln. Ich musste mich auf die Toilette setzen. Der Rest vom Kontrastmittel wollte raus, aber mir war auch schwindlig. Ich habe die letzten Tage schon oft vor diesem Spiegel gestanden. Kein einziges Mal bis jetzt wurde mir dabei schlecht. Ich musste aber auch niemals davor eine Sprinteinlage absolvieren. Die Mitarbeiterin des Sanitätshauses sagte, wir brächen die Sache ab. Sie wollte nicht, dass ich ihr dort im Bad abklappe. Ich ging zurück in mein Bett, und dort klebte sie mir die Platte an.

Ich musste eine Weile im Bett liegen bleiben, ehe ich mich waschen und anziehen konnte. Dann rief ich meine beste Freundin an, damit sie mich abhole. Sie kam dann sehr bald mit ihrer kleinen Tochter, die freudig um uns herumhopste. Ich verabschiedete mich von meiner Mitpatientin, wir wünschten uns gegenseitig Glück. Meine Freundin duldete, nicht dass ich irgendeine Tasche trug. Einen Briefumschlag durfte ich tragen. Wir fuhren dann aber nicht nach Hause, nein ein Besuch bei der Krankenkasse und beim Hausarzt stand an.

Liebe Frau Gesundheitsministerin, ich verstehe nicht, warum man Kranke, so wie mich mit solchem Formularkram belästigt. Ich kann noch nicht lange stehen und auch nicht weit laufen. Trotzdem muss ich los um die notwendigen Bescheinigungen für die Übernahme der Transportkosten für die Bestrahlung und die Chemotherapie zusammenzukriegen. Dabei dürfte doch klar sein, dass ich nicht in der Lage bin selbst zu fahren. Warum also dann die vielen Formulare?

Anschließend hat meine Freundin Brot für mich gekauft. Ich bin im Auto sitzen geblieben. Die Treppen zu meiner Wohnung im dritten Stock bewältigte ich langsam und bedächtig. Das werde ich die nächsten Tage üben, wenn ich die Zeitung hole und den Mülleimer leere. Auf meinem Wohnzimmertisch stand ein großer Strauß mit roten Rosen und Geschenke. Mein Kühlschrank und meine Wasservorräte waren aufgefüllt.

Besuch habe ich heute keinen weiter bekommen, aber mein Telefon klingelte andauernd. Viele haben ihre Hilfe angeboten, um mir Besorgungen abzunehmen, und ich werde diese Hilfe selbstverständlich annehmen. Wenn es einem schlecht geht, tut es gut, wenn es Leute gibt, die einem helfen.

Ich habe während meines Krankenhausaufenthalts, außer in der Zeit, wo ich in der Intensivstation lag, gebloggt, allerdings nicht ins Internet sondern in ein Schreibheft. Die Berichte werde ich nach und nach in dieses Weblog übernehmen. Es wird nur etwas dauern. Im Moment bin ich nicht so fix.

Liebe Grüße an Elke und Tom und danke für die Genesungswünsche.

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