Nordlichter
Kopf
Sonntag, 17. September 2006
Ein- und Aussichten
Am Montag habe ich die notwendigen Untersuchungen hinter mich gebracht. Der Röntgenarzt hat sich auch nicht lange bei der Vorrede aufgehalten. Er meinte, ich würde das alles ja kennen. Ihn interessierte, ob es ein Dickdarmkrebs gewesen ist, und er ermahnte mich nach der Computertomografie viel zu trinken. Die Damen, die die Untersuchung dann vornahmen, verlangten von mir meine Hose auszuziehen. Ich antwortete, nö, das würde ich nicht tun. Schließlich hatte ich meine CT-Patientenbekleidung angelegt. Das heißt, ich trug eine Jogginghose ohne Reißverschluss oder andere Metallteile. Ich konnte mich dann doch auf die Pritsche legen, ohne mich weiter entblößen zu müssen. Wie diese Untersuchung und das Lungenröntgen verlaufen ist, erfahre ich erst in der nächsten Woche in der Sprechstunde. Das einzige, was ich inzwischen weiß, ist, dass der Tumormarkertest für mich gut ausgegangen ist. Es ist natürlich psychisch belastend über eine Woche auf die Untersuchungsergebnisse warten zu müssen.

Hockeyspielerin TaraDamit ich nicht ganz durchdrehe, wurde ich am Mittwochnachmittag nach Sommersdorf verschleppt. Es war während meiner nun 1 ¼ Jahr dauernde Erkrankung erst das zweite Mal, dass ich Demmin verließ und nicht in einem Krankenhaus landete. Sommersdorf ist ein kleiner Ort unweit des Kummerower Sees. Familienhund Tara umkreiste mich einige Male bellend. Angst hatte ich keine. Es gibt ja Leute, die schwarze Hunde, schwarze Katzen oder sonstige schwarze Tiere nicht mögen. Ich gehöre nicht dazu. Die Hündin stellte fest, dass von mir wohl keine Gefahr ausging, denn sie legte mir ihren kleinen Lederball vor die Füße. Den Ball, den ich ihr zuschoss, schickte sie mit einer Art Knochen zurück. Bis dahin hatte ich noch mit keinem Hund Hockey gespielt. Vor dem Rundgang über den Hof und der Besichtigung der anderen Tiere gab es eine kleine Stärkung. Meine Gastgeber versicherten mir, der Pflaumenkuchen würde sonst anders ausfallen. Jedenfalls hatten wir drei viel Spaß dabei den harten Kuchenboden zu zerteilen, kleines Training für meine Hände. Am Geschmack gab es nichts auszusetzen.

Anschließend stolperte ich in Gummistiefeln über die Wiese zu den Hühnern. Der schwarze Hahn, dessen Gefieder metallischgrün schimmerte, wäre ein echter Gentleman, erfuhr ich. Er würde die besten Bissen seinen Damen zukommenlassen. Wie das bei echten Gentlemen so ist, tat er es natürlich nicht ohne Hintergedanken. Dann war ich plötzlich von weißen und braunen Schafen umringt, die ihre Köpfe gegen meine Oberschenkel stupsten. Sie wollten unbedingt gekrault werden. Auch der Trageriemen meiner Kamera wurde interessiert beknabbert. Ich kannte Schafe bis jetzt nur als dumm blökende graue Masse. Hier nun hatte jedes Schaf ein anderes Gesicht und offensichtlich auch einen anderen Charakter. Es war sehr angenehm die Tiere zu streicheln. Nur Schafbock Max, der neugierig von seinem Gehege herüberschaute, war mir nicht geheuer.

Schafbock Max

Im Treibhaus durfte ich Tomaten direkt vom Strauch naschen. Sie waren klein und etwas schorfig, hatten aber gegenüber Supermarkttomaten einen entscheidenden Vorteil, ihren Geschmack. Auf dem Gelände standen auch recht alte Obstbäume, einer sogar mit einem hohlen Stamm. Auf einem Stück Acker soll demnächst eine Streuobstwiese entstehen. Bei meinen Fahrten zum Strahlungszentrum Greifswald durch Vorpommerns Dörfer hatte ich ja mit Bedauern festgestellt, dass die Bauerngärten und Streuobstwiesen am Verschwinden sind. In die Dörfer ziehen Städter, die ihre Vorgärten mit Rasen und Koniferen bepflanzen, um wenig Arbeit zu haben. So gleichen die Dörfer immer mehr Vorstädten. Für Schmetterlinge und andere Insekten ist so was Wüste. Aber es ging noch schlimmer! Der Vorgarten des Grauens umgab eine Villa. Weiße Betonfiguren bewachten den Eingang, im Garten waren Outdoorbonsais verteilt und die Erde mit Rindenmulch abgedeckt. Das mochte ja alles sehr teuer gewesen sein, aber es zeugte weder von Verständnis für die Natur noch von gutem Geschmack. Mich überkam jedes Mal ein Gruseln, wenn ich dort vorbeigefahren wurde. Hier auf dem Gehöft am Kummerower See inmitten der Obstbäume mit den Tieren und natürlich den Bewohnern habe ich mich sehr wohl gefühlt.

Der Gentleman und eine seiner Damen

Der Ausflug nach Sommersdorf sollte auch der einzige in dieser Woche bleiben. Damit ist schon klar, ich bin am Freitag nicht zu meiner großen Fahrt ins Sachsenland gestartet. Ich war zwar dafür aber mein Hintern entschieden dagegen. Die zeitweise nicht zu stoppenden Durchfälle sind ein großes Problem für mich. Die Sache mit der Rückverlegung scheint immer noch nicht ausgestanden zu sein. Im nachhinein war es die richtige Entscheidung, die Reise abzusagen. Natürlich war ich sehr traurig. Aber ich wäre gerade mal bis Neubrandenburg gekommen und hätte dann schon einen blutigen Hintern gehabt. Da ich selbst nicht unterwegs sein konnte, war mein Bruder dieses Wochenende zu Besuch hier. Dadurch war es wenigstens nicht ganz so schlimm, und ich hatte Ablenkung.

Permalink