Nordlichter
Kopf
Sonntag, 12. August 2007
Mein grünes Zimmer
Natürlich nenne ich als Gartenfreundin nicht nur ein einziges solches Zimmer mein Eigen. Auch Wohn- und Schlafraum sind kleine Dschungel. In ersterem haust mit meinen Sittichen auch die passende tierische Besetzung. In den übrigen sind nur die Freundinnen mit den acht Beinen zu finden. Spinnen stehen in meiner Wohnung unter Naturschutz. Wer es wagt, eine meiner Schutzbefohlenen zu zerquetschen, darf sich den Eingang meines Domizils von draußen ansehen.

Kreuzspinne

Vorgestern nacht wäre fast ein neuer Untermieter bei mir eingezogen. Der Wärme geschuldet schiebe ich nachts eins der Fenster auf dem Balkon auf. Um ungebetene Gäste abzuhalten, lasse ich aber alle Bambusrollos herunter. Einen hat diese Vorsichtsmaßnahme trotzdem nicht aufgehalten. Im Bett liegend hörte ich ein verdächtiges Geräusch. Wer spukte da auf meinem Balkon herum? Ich spähte angestrengt in die Finsternis, konnte aber niemanden entdecken. Trotzdem war ich mir sicher, dass mich ein Augenpaar im Dunkeln beobachtete. Ich ging zurück ins Wohnzimmer, schaltete das Licht an und betrat den Balkon erneut. Da sah ich ihn. Ein schwarzer Schatten segelte sanft unter der Decke. "Was machst du denn hier?" fragte ich den Flattermann, erhielt aber keine Antwort. Stattdessen umschwirrte der Schwarzgekleidte meinen Kopf. Ich zog an der Strippe des Bambusrollos. Der Einbrecher entfleucht durchs offene Schiebefenster. Also keine Bedarfsgemeinschaft mit einem Fledertier. Schade, Batman sah doch immer so attraktiv durchtrainiert aus, und was in der Birne hatte er auch.

Da die Fledermaus flüchtete, habe ich meinen Balkon wieder für mich allein. Neben einigen Pflanzkübeln mit Blumen rechts und links an der Fensterseite, nutze ich ihn als Reservoir für meine Küchenkräuter. Auf dem Fensterbrett im Inneren stehen zwei jeweils einen Meter breite Blumenkästen, die ich entsprechend bestückt hatte. Nicht nur meine Müdigkeit nach der Bestrahlung, sondern auch der Absturz einer der beiden Kästen hielt mich vom Bloggen ab. Statt neue Artikel zu schreiben, rutschte ich auf Knien über den Teppichboden und sammelte Kräuter und die Seramissteinchen wieder ein. Ich war echt froh die Pflanzen in das Tongranulat gesetzt zu haben und nicht in Blumenerde. Das wäre dem Teppichboden weit weniger bekommen. So konnte ich den roten Staub zum Schluss absaugen.

Weil ich schon mal dabei war, arrangierte ich die Pflanzen in den Kästen um. Beim Discounter um die Ecke gab es Küchenkräuter. Ich kam gerade recht, die letzten vor dem Vertrocknen zu bewahren. Immerhin fand ich endlich Salbei und Winterbohnenkraut. Außerdem erwarb ich Oregano und ein Currykraut. Die graugrünen Blätter des letzteren duftet zwar sehr intensiv, sie haben aber nichts mit dem Gewürz zu tun. Currykraut heißt mit botanischem Namen Helichrysum italicum und auf Deutsch Italienisches Sonnengold oder Italienische Strohblume. Am Sonntag werde ich die Putenmedaillons damit dünsten.

Außer den genannten stehen mir für meine Küchenexperimente Rosmarin, Lavendel, Majoran, Thymian, Basilikum und Zitronenmelisse zur Verfügung. Die Petersilie und der Blattkoriander mickern etwas vor sich hin. Die Ringelblumen bekamen erst Mehltau und segneten dann das Zeitliche. Die habe ich dann gegen Erdbeeren eingetauscht. Sie wachsen praktischerweise dort, wo ich sitze, und ich kann sie gleich abweiden. In der schönen Jahreszeit ist der Balkon auch mein Esszimmer. Im Gegensatz zu den anderen Wochentagen lohnt es sich für mich am Sonntag früh aufzustehen. Die Ruhe, die ich dann beim Frühstück genießen kann, ist einfach himmlisch.

Mein grünes Zimmer

Aber ich übe mich im grünen Zimmer nicht nur im Schmeißen und Aufsammeln von Tonkügelchen, auch ich kämpfe meinen unendlichen Krieg gegen Heerscharen von Terrorristen. Die haben keine Arme dafür aber sechs Beinchen und einen unsäglichen Appetit. Als erstes hatte ich mein Paradies gegen eine Gruppe grellgrüner Blattläuse zu verteidigen. Auf dem gelbblühenden Oleander setzte sich ein schwarzer Block der Invasionsarmee fest. Prunkwinde, Tibuchina, Zitronenmelisse, Majoran, Petersilie, Koriander und Löwenmaul fiel in die Hand des grüngewandeten Feindes. Einen Giftgasangriff gegen die gut getarnten Okkupanten hielt ich trotzdem für übertrieben. Schließlich wollte ich nicht selbst zu Schaden kommen und die Kräuter auch noch essen. Der Einsatz von Söldner vom Stamm der biologischen Schädlingsabwehr verbietet sich auf einem Balkon von selbst. Es gäbe zu viele Deserteure. Wie verteidigt sich der pazifistische Gartenfreund gegen eine gefräßige Besatzungsmacht? Ganz einfach mit Wasserwerfer und Niemextrakt. Das hilft auch gegen noch fiesere weil kleinere Invasoren. Den Einfall einer Spinnmilbenarmee habe ich heute morgen zurückgeschlagen. Kommt nur her! Die angesetzten 2,5 l Spritzbrühe reichen noch für viele von euch.

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