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Montag, 10. Juli 2006
Jahrestage
Montag, 10. Juli 2006, Kategorie: 'Krankengeschichten'
In London gedachte man am Freitag dem Terroranschlag am 7. Juli im letzten Jahr. Ich hatte am Tag zuvor einen ganz anderen Jahrestag. Meine Tante und meine Arbeitskollegin erinnerten mich daran, dass ich am 6.7. vor einem Jahr das erste Mal auf einem Operationstisch lag. Sie hatten es beide nicht vergessen.
Ich weiß noch, dass ich an dem Morgen, als ich samt Bett nach unten gefahren wurde, ganz ruhig war und auch keine Angst hatte. Meine helle Panik war von mir gefallen, als ich am Vortag ins Krankenhaus einzog. Allerdings stand ich am Abend vor der Operation doch ein wenig unter Schock. Die Nachricht, dass ich Krebs hätte, verpasste mir keinen Schrecken mehr, denn das hatte ich mir inzwischen gedacht. Entsetzt war ich eher von der Aussicht, demnächst mit einem Stoma, einem künstlichen Darmausgang, leben zu müssen. Und ich sollte schon am nächsten Tag operiert werden. Uh, das hatte mir keiner gesagt. Die alte Dame in meinem Zimmer erzählte mir von ihrer Schwester, die schon viele Jahre mit einem künstlichen Darmausgang lebte. Sie selbst war wegen eines Tumors an der Niere operiert worden. Sie fragte mich, was mit uns beiden in früheren Zeiten passiert wäre. Wir wären einfach gestorben, war meine Antwort. Ich hatte mich an diesem Abend für das Leben entschieden. Also Augen zu und durch, egal was alles kommt.
Nachdem mich der Anästhesist in die Dunkelheit geschickt hatte, verschwamm der Rest des Operationstages im Nebel. Ich wachte in der Intensivstation auf, ohne zu wissen, ob es Tag oder Abend war umgeben von Infusionen, Überwachungsmonitor und piepsenden Gerätschaften. Ich sehe immer noch das Gesicht der Schwester vor mir, die sich dort als erste um mich kümmerte. Rechts am Bauch bemerkte ich einen riesenhaften Einkaufsbeutel, den ich vorerst kräftig zu ignorieren versuchte. Mein Ziel war, wieder auf die Beine zu kommen und raus aus der Intensivstation. Inzwischen bin ich noch zwei Operationen, eine Bestrahlungs- und fast zwei Chemotherapien weiter. Ich bin seit über einem Jahr krankgeschrieben und werde es noch eine Weile sein. Den Beutel bin ich unterdessen los. Als ich nach der Rückverlegung die Nase von den vielen Toilettengängen gestrichen voll hatte, wünschte ich mir mein Stoma zurück. Vor einem Jahr wäre mir dieser Wunsch völlig absurd erschienen.
Ich war vor meiner ersten Operation nie in einem Krankenhaus gewesen und bis auf einen Bandscheibenvorfall auch nie für längere Zeit krank, und dann gleich so was. Mein Aufenthalt im Kreiskrankenhaus Demmin und besonders in der Intensivstation ist mir deshalb auch lebhafter in Erinnerung als die späteren in der Uniklinik Greifswald. Nachzulesen oder zu hören ist das alles ja in diesem Blog. Mein Bedarf an Operationen und Krankenhausaufenthalte ist für alle Zeit gründlich gedeckt.
Nur noch zwei Monate und dann habe ich auch die gesamte zweite Chemotherapie durchgestanden. Dieses Mal ging es mir weniger gut als bei der letzten Chemo. An die Aktivitäten, die ich vor zwei Wochen getrieben habe, wäre jetzt nicht zu denken. Für mich bedeutet das ganz einfach, wenn ich etwas unternehmen will und mich auch dazu in der Lage fühle, dann muss ich es gleich tun. Aufschieben gilt nicht. Mein Tatendrang beschränkte sich in dieser Woche auf meine Wohnung. Ein Brot habe ich zwar nicht gebacken aber dafür die erste Pizza aus eigener Produktion in den Herd geschoben. Gegessen und für gut befunden, Fazit: nie wieder Tiefkühlpizzen! Ich bin sogar auf meinen Hometrainer geklettert und ein wenig herumgeradelt. Wenn meine Chefin das erfährt, dann steht sie kurz vorm Herzinfarkt. Sie sieht mich bei meinen Unternehmungen immer zusammenbrechen und hilflos auf dem Boden darniederliegen. Ach, was. Wenn ich nicht mehr kann, dann zieht es mich eh auf mein Sofa.
Mehr als die Folgen der Chemo macht mir aber im Moment die Wärme zu schaffen. So langsam habe ich Mühe die Temperatur in der Wohnung unter 25°C zu halten. Alles was darüber liegt, ist meinem Körper leicht abträglich. Mein Kreislauf und ich, wir mögen keine hohen Temperaturen. Sonst ist gelegentliches aus den Latschen kippen gewiss. Die nachmittägliche Siesta fällt jetzt etwas länger aus. Mein Hausarzt, dem ich meine Probleme mit der Wärme schilderte, sagte er fände es unsinnig, wenn die Deutschen in der größten Hitze ackerten wie die Kaputten. Es wäre gesünder, sich wie die Leute im Süden zu verhalten. Er würde am liebsten jetzt die Sprechstunde auf den späten Abend verlegen so von 21-24 Uhr. Schlafen könne man eh nicht. Ich glaube kaum, dass sich das durchsetzt, obwohl ich keine Probleme damit hätte, um 23 Uhr in die Spätsprechstunde zu gehen. Schließlich bin ich keine Lerche, sondern eine Eule.
Ich weiß noch, dass ich an dem Morgen, als ich samt Bett nach unten gefahren wurde, ganz ruhig war und auch keine Angst hatte. Meine helle Panik war von mir gefallen, als ich am Vortag ins Krankenhaus einzog. Allerdings stand ich am Abend vor der Operation doch ein wenig unter Schock. Die Nachricht, dass ich Krebs hätte, verpasste mir keinen Schrecken mehr, denn das hatte ich mir inzwischen gedacht. Entsetzt war ich eher von der Aussicht, demnächst mit einem Stoma, einem künstlichen Darmausgang, leben zu müssen. Und ich sollte schon am nächsten Tag operiert werden. Uh, das hatte mir keiner gesagt. Die alte Dame in meinem Zimmer erzählte mir von ihrer Schwester, die schon viele Jahre mit einem künstlichen Darmausgang lebte. Sie selbst war wegen eines Tumors an der Niere operiert worden. Sie fragte mich, was mit uns beiden in früheren Zeiten passiert wäre. Wir wären einfach gestorben, war meine Antwort. Ich hatte mich an diesem Abend für das Leben entschieden. Also Augen zu und durch, egal was alles kommt.
Nachdem mich der Anästhesist in die Dunkelheit geschickt hatte, verschwamm der Rest des Operationstages im Nebel. Ich wachte in der Intensivstation auf, ohne zu wissen, ob es Tag oder Abend war umgeben von Infusionen, Überwachungsmonitor und piepsenden Gerätschaften. Ich sehe immer noch das Gesicht der Schwester vor mir, die sich dort als erste um mich kümmerte. Rechts am Bauch bemerkte ich einen riesenhaften Einkaufsbeutel, den ich vorerst kräftig zu ignorieren versuchte. Mein Ziel war, wieder auf die Beine zu kommen und raus aus der Intensivstation. Inzwischen bin ich noch zwei Operationen, eine Bestrahlungs- und fast zwei Chemotherapien weiter. Ich bin seit über einem Jahr krankgeschrieben und werde es noch eine Weile sein. Den Beutel bin ich unterdessen los. Als ich nach der Rückverlegung die Nase von den vielen Toilettengängen gestrichen voll hatte, wünschte ich mir mein Stoma zurück. Vor einem Jahr wäre mir dieser Wunsch völlig absurd erschienen.
Ich war vor meiner ersten Operation nie in einem Krankenhaus gewesen und bis auf einen Bandscheibenvorfall auch nie für längere Zeit krank, und dann gleich so was. Mein Aufenthalt im Kreiskrankenhaus Demmin und besonders in der Intensivstation ist mir deshalb auch lebhafter in Erinnerung als die späteren in der Uniklinik Greifswald. Nachzulesen oder zu hören ist das alles ja in diesem Blog. Mein Bedarf an Operationen und Krankenhausaufenthalte ist für alle Zeit gründlich gedeckt.
Nur noch zwei Monate und dann habe ich auch die gesamte zweite Chemotherapie durchgestanden. Dieses Mal ging es mir weniger gut als bei der letzten Chemo. An die Aktivitäten, die ich vor zwei Wochen getrieben habe, wäre jetzt nicht zu denken. Für mich bedeutet das ganz einfach, wenn ich etwas unternehmen will und mich auch dazu in der Lage fühle, dann muss ich es gleich tun. Aufschieben gilt nicht. Mein Tatendrang beschränkte sich in dieser Woche auf meine Wohnung. Ein Brot habe ich zwar nicht gebacken aber dafür die erste Pizza aus eigener Produktion in den Herd geschoben. Gegessen und für gut befunden, Fazit: nie wieder Tiefkühlpizzen! Ich bin sogar auf meinen Hometrainer geklettert und ein wenig herumgeradelt. Wenn meine Chefin das erfährt, dann steht sie kurz vorm Herzinfarkt. Sie sieht mich bei meinen Unternehmungen immer zusammenbrechen und hilflos auf dem Boden darniederliegen. Ach, was. Wenn ich nicht mehr kann, dann zieht es mich eh auf mein Sofa.
Mehr als die Folgen der Chemo macht mir aber im Moment die Wärme zu schaffen. So langsam habe ich Mühe die Temperatur in der Wohnung unter 25°C zu halten. Alles was darüber liegt, ist meinem Körper leicht abträglich. Mein Kreislauf und ich, wir mögen keine hohen Temperaturen. Sonst ist gelegentliches aus den Latschen kippen gewiss. Die nachmittägliche Siesta fällt jetzt etwas länger aus. Mein Hausarzt, dem ich meine Probleme mit der Wärme schilderte, sagte er fände es unsinnig, wenn die Deutschen in der größten Hitze ackerten wie die Kaputten. Es wäre gesünder, sich wie die Leute im Süden zu verhalten. Er würde am liebsten jetzt die Sprechstunde auf den späten Abend verlegen so von 21-24 Uhr. Schlafen könne man eh nicht. Ich glaube kaum, dass sich das durchsetzt, obwohl ich keine Probleme damit hätte, um 23 Uhr in die Spätsprechstunde zu gehen. Schließlich bin ich keine Lerche, sondern eine Eule.
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